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DÜRER.
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nahm, so konnte er allerdings den Blättern mit deutschem Text den
Vorzug geben. Doch liegt zwischen diesen und den letzteren Abdrückcn
von 1511 eine grosse Abstufung. Man findet daher die Folge der apo-
kalyptischen Bilder höchst selten in ganz gleichem Drucke. Das
Titelblatt zu dieser Folge, welches Johannes auf Pathmos zeigt, gehört
zu den seltensten Bestandtheilen derselben. ln R. Wcigells Pracht-
werk: „Holzsehnitte berühmter Meister 8m. IV. Heft. Leipzig 1851",
ist aber eine höchst getreue Copie von H. Bürkner in der Grösse des
Originals. In derselben Grösse sind auch Copien aus dem Verlage
des Jeronymns Greif von Frankfurt, welche 1502 zu Strassburg er-
schienen, und den Meister Dürer mit Recht in Harnisch brachten. Er
nahm daher ein kaiserliches Privilegium gegen die weitere Verbreitung
durch den Nachstich, und Greif ist gemeint, wenn er in der Schluss-
schrift zur Ausgabe von 1511 sagt: Heus tu msidiator: ac alieni la-
boris: et ingenij : surreptor: ne manus temerarias his nostrts operibus
inicias etc. Heller findet es itnbegreiiiich, warum Bartsch und Brulliot
das auf den Oopien vorkommende Monogramm auf Hieronymus Greif
erklären, indem kein G in demselben enthalten sei. Heller liest nam-
lich MF, allein das Zeichen besteht aus den Buchstaben IVF. und es
ist Jeronymus Von Frankfurt zu lesen. Die Erklärung gibt die Schluss-
schrift: Gedruckt zu Strassbtirg durch Jheronymum Greif maler, ge-
nannt von Frankfurt dvc. Ausser Greif's Copien haben wir auch
verkleinerte Nachbildungen von Cornel van Sichem in folgendem Buche:
Der Zielen Lusthof, inhoudende het Leven ende Leyden omes heeren Jesu
Christi. Tot Lowen by Isbrandt Jacobsz door P. J. Paets 1620, 8. Die
Bilder sind von der Seite des Originals in Holz geschnitten.
92) Das Leben der Maria. Folge von 20 Blättern. B. N0. 76 95.
H. 11 Z. Br. 7 Z. 9 L. Dieses vortreffliche Werk, welches bekannt-
lich 1511 mit den Gedichten des Frater Chelidonius auf der Rückseite
erschien, beurkundet nach B. von Rumohr (Zur Geschichte u_nd Theo-
rie 8m. S. 86) noch eine grosse Theilnahme Dürer's am Formschnitte.
Doch schreibt ihm dieser Schriftsteller gerade nicht die glanzvollen,
mit viel Eleganz geschnittenen Blätter zu, wie den Tod der Maria, und
deren Himmelfahrt. Technische, auf einer streng geregelten Methodik
gegründete Eleganz mussten wohl ausserhalb Dürer's Streben liegen,
und die Gewöhnung an eine freiere Geistesthätigkeit würde ihn an der
Erreichung einer bloss ttusserlichen Virtuosität sogar gehindert haben.
Heller S. 655 behauptet gegen Bartsch, dass die ersten Abdrücke
jene mit lateinischem Texte auf der Rückseite seien, allein Bartsch
.hatte vollkommen Recht, noch frühere Drucke ohne Text anzunehmen.
Es mögen allerdings spätere Abdrücke ohne Text vorkommen, da die
Platten wahrscheinlich nicht so bald zu Grunde gingen oder unbrauch-
bar wurden, wir sahen aber nicht nur einzelne Blätter, sondern auch
eine fast complete Folge von Abdrückcn ohne Text, welche entschieden
das Gepräge der Priorität tragen. Eine solche ist im k. Cabinet zu
München, und zeigt tgnsichtlich des Druckes eine Kraft und Klarheit
in den Linien und Sc rafürungen, wie sie in den Abdrückcn mit Text
wohl nur selten vorkommt. Das Papier ist weiss und fein, aber doch
sehr fest, wie jenes, dessen sich Dürer zum Drucke seiner schönsten
Stiche bediente. Die vollständige Bilderreihe dürfte aber in diesem
Zustande äusserst selten seyn, obgleich wir glauben, dass Dürer Exem-
plare ohne Text ausgab. Sie stammen aus seiner eigenen Druckerei,
in welcher er auch die nöthige Anzahl von Bogen für den Buchdrucker
abziehen liess. Den Druck vertraute er wohl nie der Buchdruckerpresse
an, da die Bilderbogen nach Belieben zum Textdrucke befeuchtet werden
konnten. In vollständigen Prachtdmcken fehlt auch das Titelblatt mit