A. DÜRER.
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zwar ebenfalls nicht sehr poetisch, doch möchte sie eher passen, als
die Geschichte vom Goldschmied und Zaummacher in Eytas. Dürer's
grossc Fortune hat in den ältesten Abdrücken das Papier mit dem
Wasserzeichen der Krone über den beiden Lilien im Schilde. Dieses
Papier ist, wie schon No. 1, 3 8m. bemerkt, eben so fein als körper-
haft, und es wurde von Dürer nur für sorgfältige Drucke ausgewählt.
Doch liess er seine Fortuna auch auf Papier mit dem Zeichen des
Ochsenkopfes drucken, welches eben so schon und kräftig ist. In der
Ackcrmannischen Auktion (1853) wurde ein Abdruck auf Kronpapier
mit 80 Thlix, und ein solcher auf Papier mit dem Ochsenkopf wohl
nur desswegen mit 4 Thlr. 10 gr. bezahlt, weil die Erhaltung und der
Rand nicht in gleichem Grade entsprachen. Die Wasserzeichen sind
aber bei Segmenten nicht immer vorhanden, und somit machen wir
hinsichtlich der ersten Drucke auf jenes feine und compakte, nicht
milchweisse Papier aufmerksam, welches die weit abstehenden weissen
Rippen hat, so wie auf die Punkte links über den Bergen, oder viel-
mehr über den baumwollartigen Wolken, auf welchen die Fortuna
hinschwebt.
30) Das Urtheil des Paris, B. No. 65. Durchmesser 1 Z. 3 L.
Dieses höchst seltene Blättchen ist durch eine vergrösserte Copie be-
kannt, welche aber weniger Interesse hat, als die -neueste Copie von
A. Petrak in der Grösse des Originals. Sie trägt das Monogramm AR,
und ist daher nicht auf Täuschung berechnet. Nur in wenigen Exem-
plaren fehlt das Zeichen des Copisten.
31) Venus, aus dem Bade gestiegen, trochnet sich mit einem Tuchc
den rechten Fuss ab. Vor ihr steht Amor mit dem Bogen, und rechts
ist das Bassin. Den Grund bildet Landschaft, und über den Fluss
führt eine Brücke. H. 7 Z. 3 L. Br. 4 Z. 6 Dieses Blatt zeigen
Bartsch und Heller im Werke des A. Dürer nicht an, und es ist auch
nicht von ihm gestochen, sondern wahrscheinlich von Gio. Antonio da
Brescia. Die Figuren sind aus dem Blatte von Marc Anton B. No. 297
von der Gegenseite genommen, und statt des Zimmers, welches in dessen
Blatt die Scene einschliesst, hat der Copist eine Landschaft in Düreüs
Styl componirt. Rechts unten ist das Zeichen dieses Meisters. Die
Platte befindet sich in der Sammlung des Marchese Malaspina di Sauna-
zaro. Sie ist auf beiden Seiten gestochen, auf der einen die Madonna
mit dem Kinde vorgestellt. Links auf einem Täfelchen steht: IOAN.
BX., die Namensabbreviattir des Gio. Antonio da Brescia. Auf der
anderen Seite ist obige Vorstellung gestochen, vermuthlich von G. A.
Bresciano, welcher auch einige Blätter von A. Dürer copirt hat. Mit
der Vorstellung von Venus und Amor müsste er aber ein Falsum be-
gangen haben.
32) Die Melancholie, B. No. 74. H. 9 Z. Br. 6 Z. 11L.- Dieses
meisterhafte, von Dürer selbst "MELENCOLIA" betitelte Blatt hat
offenbar einen anderen Sinn, welchen L. Choulant im deutschen Kunst-
blatte 1851 S. 156 auf geistreiche Weise durchdrungen hat. Die Haupt-
iigur, ein mit grossen Flügeln versehener Genius in der Tracht der
vornehmen Frauen Nürnbergis, hat ein nichts weniger als melancholi-
sches Ansehen, sondern vielmehr ein zufrieden nachdenkendes. Nach
den früheren Auslegern soll aber das Phantom der Dämon der Melan-
cholie seyn, und das Bild die Verzweiflung der mit dieser Behafteten
ausdrücken, oder wenigstens soll es den Genius des Nachdenkens be-
zeichnen, oder eine qualvolle Sehnsucht des alle Höhen und Tiefen er-
fassen wollenden Geistes, oder endlich das melancholische Temperament,
dieses als erstes Blatt zu einer Folge der vier Temperamente, weil
nach dem Worte "Melencolia" noch I steht. Die Hauptfigur, den kleinen
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