166
DÜRER.
350.
Abdrücke dieser Art kommen Rembrandüs schönsten Exemplaren gleich,
und sind leicht gezählt.
23) Der büssende Hieronymus in der Wüste nach links gerichtet,
wo das Crucifix auf dem Felsen steht. B. N0. 61. H. 12 Z. Br. 8Z. 4L.
Dieses Hauptblatt ist im alten, harmonischen Abdrucke platten-
gratig, doch sind auch die etwas späteren Drucke noch von erster
Schönheit, und kräftig in den polirten Schattenthcilen. Die schwachen
Exemplare findet man aber häufiger.
24) Der kleine büssende St. Hieronymus vor dem im Stamme eines
abgehauenen Baumes steckenden Cruciiixe knieend. B. N0. 62. Rund,
Durchmesser 1Z. tL. Dieses höchst seltene Blättchen hat in neue-
ster Zeit A. Petrak copirt, was um so erwünschter ist, als das Original
nur in wenigen fürstlichen Sammlungen sich vorlindet. Die Copie ist
im zweiten Drucke mit dem Monogramm AP. versehen.
25) St. Christoph mit rückwärts gekehrtem Haupte von 1521. B.
N0. 51. H. 4 Z. 4 L. Br. 2 Z. 8 L. Die alten, sehr seltenen Ab-
drücke sind von grosser Kraft der leuchtenden Schwärze. Die mit MF
bezeichnete Copie, H. N0. 710, ist nicht von .Prestel, sondern von
N. C._Mathes.
26) St. Christoph mit vorwärts gerichtetem Kopfe von 1521. B.
N0. 52. H. 4 Z. 4 L. Br. 2 Z. 9 L. Die ersten Abdrücke sind
von grösster Kraft und Klarheit der Farbe. In einer alten, Heller un-
bekannten Copie schreitet der Heilige nach links. Die Copie, welche
Heller N0. 717 für jene von Prestel ausgibt,-ist von N. C. Mathes.
27) Der hl. Antonius im Buche lesend von 1519. B. N0. 58. H.
3 Z. 6 L. Br. 5 Z. 3 L. Die ersten Abdrücke sind von grösster
Klarheit, und silberhell von Farbe. Spätere Exemplare erscheinen wie
gequetscht, und die Farbe ist matt. Eine von Heller nicht erwähnte
alte Copie erinnert an die Stichweise der Wierx.
28) St. Sebastian an einer Säule von Pfeilen durchbohrt, B. N0. 56.
H. 4 Z. Br. 2 Z. 10 L. Die Copie mit dem Monogramme MF,
welche Heller N0. 785 als die PrestePsche erklärt, ist von N. C. Mathes.
Dieser Meister copirte auch den hl. Sebastian am Bamne, B. N. 55.
Mythologische und allegorische Vorstellungen, und
Genrebilder.
29) Die grosse Fortuna, auch das grosse Glück, die Prudentia, und
die Pandora genannt. B. N0. 77. H. 12 Z. Br. 8 Z. 6 L. Hin-
sichtlich der Erklärung dieses Bildes ist man noch nicht im Reinen,
sicher scheint jedoch zu seyn, dass Dürer die Fortnna im Sinne hatte.
Der Kopf der nackten geflügelten Göttin soll nach einigen Bildniss
der Agnes Frey seyn, allein Dürer hätte mit diesem ziemlich alten,
unschönen Kopfe seiner Gattin nicht sehr geschmeichelt. Auch stimmen
die Züge nicht mit dem Bildnisse der Frau Agnes. Die prosaische Er-
klärung, welche Heller II. S. 469 gibt, dass nämlich das goldene Ge-
fäss in der Rechten der Fortuna, und der Zaum in der anderen Hand,
auf Dürer's Onkel, den Goldschmied und Zaummacher sich beziehen,
ist gewiss imstatthaft, und entstand wahrscheinlich auf die Behauptung
Sandrarüs hin, dass das Städtchen in der Landschaft Eytas bei Jula
in Ober-Ungarn sei. Da lebten nach Dürer's eigener Angabe der Onkel
Goldschmied und der Onkel Zaummacher. Dem A. Dürer müssen wir
einen höheren Gedankeniiug zutrauen. Ihm schwebte wohl die Idee
vor, dass der Mensch, welcher im Glücke ist und Schätze besitzt, sich
mässigen müsse, indem dasselbe, wandelbar und treulos, ihm auch
wieder den Rücken kehren könne. Und schon erhebt sich die Fortuna
über den Dunstkreis der Stadt, um zu entiiiehen. Diese Erklärung ist