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CER.
2508.
Bartsch XV. p. 371 No. 10 schreibt dieses unbezeichnete Blatt
dem C. Reverdinus zu; es kommt aber von einer unvollendeten, nicht
mit Niello ausgefüllten Platte des Goldschmiedes Matteo di Gio-
vanni Dei, welche Duchesne (Essai sur les nielles No. 139) mit
dem Email verwechselt. Die unvollendete Platte befindet sich seit
Jahren in der Gallerie zu Florenz, wo auch Matteo's Pace mit der
Kreuzigung Christi, welche er 1455 vollendete, aufbewahrt wird.
Die Platte mit der Bekehrung des Saulus befand sich bis 1781 im
Kloster der Gesellschaft des hl. Paulus in Florenz, nach der Auf-
hebung der Confraternitat wurde sie aber verkauft. Im Jahre 1801
erwarb die grossherzogliche Gallerie das Werk, vor der Niederlegung
wurden aber ungefähr 20 Abdrücke gemacht, welche jetzt in den
vorzüglichsten Cabinetten vertheilt sind. Zani nennt einen Abdruck
im Cabinet Martelli zu Florenz, und einen zweiten in der Sammlung
Ortalli zu Parma, welcher seit mehreren Jahren auf der Bibliothek
in Parma aufbewahrt wird. M. Duchesne, welcher glaubte, es sei die
Platte vom Niello befreit werden, sah Exemplare im Museum des
Louvre, in den Cabinetten Sykes und Lloyd, und in der Sammlung
des Buckingham-Palastes zu London. Es fiel ihm die Verschiedenheit
des Papiers auf, und er glaubte desswegen, dass es zweierlei Ab-
drücke gebe, wovon die früheren aus der Zeit des Gori Gandellini
stammen sollten, da diesem das Exemplar der k. Bibliothek in Paris
gehörte. Die zweiten Abdrücke würden demnach zu Anfang unseres
Jahrhunderts gemacht worden seyn.
Ueber dieses Niello und die Abdrücke von demselben vergl.
A. Zanetti, Cabinet Oicognara p. 90 N0. 116. Der Verfasser gibt
aber nicht an, dass A. v. Bartsch dasselbe dem C. Reverdinus zu-
schreibe. Den Nachweis liefert F. v. Bartsch, die Kupferstichsammlung
der k. k. Bibliothek in Wien, S. 17 N0. 69.
11) Der hl. Hieronymus, knieend nach links, wo am Felsen das
Crucifix aufgerichtet ist. Er schlägt die Brust mit einem Steine, und
streckt den rechten nackten und muskulösen Arm nach abwärts aus.
Links zu seinen Füssen bemerkt man den Löwen, und im Grunde
nach rechts breitet sich eine Landschaft mit Bergen und Baumen aus.
Ohne Zeichen. H. 8 Z. 1 L. Br. 6 Z. 3 L.
Dieses Blatt beschreibt Bartsch unter No. 13, es kann aber nicht
von Reverdino herrühren, da die Stichweise in der Art abweicht, dass
man nicht einmal einen früheren Versuch vermuthen kann. Die Auf-
fassung des Gegenstandes deutet auf einen viel älteren Meister als
Reverdinus ist. Die nackten Theile der Figur, wie Brust und Arm,
sind von übermäissiger Muskulatur, und der Ausdruck des übrigens
gut gezeichneten Kopfes ist schmerzlich erregt. Selbst der Löwe
Sperrt den Rachen gewaltig auf. Die Gewandung des Heiligen ist
breit, und fällt in gebrochenen Falten über die Füsse auf den Boden
herab. Eine derartige Draperie findet man nur bei einzelnen italieni-
schen Meistern der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Strichelung
ist fein, und nach Muskeln und Falten gebrochen, nirgends geradlinig.
Der Künstler war sich der Form vollkommen bewusst, und suchte sie
daher mit allen Mitteln hervorzuheben, wenn es ihm in anatomischer
Hinsicht auch nicht vollkommen gelang. Wir haben hierin das Blatt
eines alten italienischen Meisters, welcher mit Stichel und Schneid-
nadcl zu zeichnen verstand, und durch die gebogenen Linien auf die
Modellimng das Augenmerk richtete. Für O. Reverdino können wir
nicht stimmen.
12) Lukretia von Tarquin auf ihrem Lager überfallen. C Rauer-
dinus f. H. 6 Z. 5 L. Br. 9 Z. 6 L.