Das Leben Rembrandfs.
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haben. Und dennoch Wiederholt sich dieselbe Misere, die
gleiche Zahlungsunfähigkeit. Ja, seine Geldnoth ist so
dringend, er bedarf eine kleine Geldsumme zu irgend einem
Zwecke so nöthig, dass er sich deshalb nicht scheut, im
October des Jahres 1662 das Grab seiner verstorbenen
Frau, „in welchem ihre Gebeine ruhen," an den Grab-
macher der Oude-Kerk zu verkaufen. Wie mag dieser
Verkauf des Grabes seiner Mutter auf das Herz des Sohnes
gewirkt haben?
Sollte Rembrandt, wenn er durch das Malen von Por-
traits im Jahre 1661 die Summe von 3600 Gld. und im Jahre
1662 bis zum October etwa 700 Gld. verdient hatte, wirklich
so völlig pietätlos gewesen sein, das Grab seiner Frau zu
verkaufen, ohne dass er also in der grössesten Geldnoth
gewesen Wäre?
Es ist nicht zu erweisen, welchen Gebrauch Rembrandt
von den erwähnten Summen als ein Ehrenmann ge-
macht haben könnte, da er sie nicht dazu benutzte, seine
Schulden abzutragen. Man sollte meinen, van Ludick, der
ihm als ein Freund in der Noth beigestanden, sich für ihn
verbürgt, ihn dadurch vielleicht vor dem Schuldgefängnisse
bewahrt hatte und der in Folge dieser Bürgschaft Zahlung
für ihn leisten musste, hatte der erste sein müssen, dem er
den gehabten Schaden mit Hilfe seiner grösseren Einnahme
zu vergüten suchte. Diese Folgerung aber trifft nicht zu,
Rembrandt macht in diesen Jahren weder an van Ludiek noch
an einen anderen seiner Gläubiger irgend eine Abzahlung.
Wollen wir Rembrandt also nicht für einen pietätlosen
Wicht und ehrlosen Charakter halten, so müssen wir be-
zweifeln, dass er in den Jahren von 1661-62 die be-
treffenden vorzüglichen Portraits gemalt und die ihm daraus
zustehenden bedeutenden Einnahmen gehabt hat.