Biographen.
Rembrandfs
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logie lüge-n und ist ein psychologisches Ungeheuer, eine
phantastische Persönlichkeit, wie sie in Romanen, aber nicht
im Leben vorkommt; ein solcher Künstler hat in keiner
Zeit, bei keinem Volke existiren können, er gehört unserem
Planeten nicht an, sondern unter die Gebilde einer Traum-
welt, wo Hexen und Kobolde sich umtreiben. Schlechte
Psychologen, geben die Biographen unserm Künstler durch-
aus entgegengesetzte Eigenschaften, die gar nicht in einem
und demselben Menschen vorhanden sein können. Ich will
damit keineswegs die sogenannten Denkgesetze der vulgaren
Logik im Geistigen geltend machen und weiss wohl, wie in
allem llloralischen der Widerspruch gesetzt ist. Es giebt
aber zwei Arten von Widersprüchen: mögliche und un-
mögliche. Wenn ein Kritiker uns an einem grossen Künstler
den kleinlichen Menschen zeigt, so kann man den unerquick-
liehen Gedanken gelten lassen und alsdann nur fragen, in-
wiefern der dafür gelieferte Beweis stichhaltig ist; wenn
aber in den Lebensbeschreibungen der Maler ein gewisser
Rembrandt vorkommt, der ein schlechter Hausvater, ein ge-
meiner Gauner, ein filziger Knicker und bei diesen schönen
Eigenschaften ein genialer Künstler gewesen sein soll, so
habe ich leider zu viel Erfahrung und Menschenkenntniss,
um an dieses Gespenst zu glauben. Wenn in einem Menschen-
herzen solche Schlechtigkeiten hausen, so ist die Schöpfer-
kraft in der naiven Art, wie sie sich in Rembrandts Werken
darstellt, eine absolute Unmöglichkeit. Auch der Schlechteste
und Verdorbenste kann mit Hilfe von angeborenen und aus-
gebildeten Anlagen noch Kunstwerke hervorbringen; aber
diese Kunstwerke nehmen mehr oder weniger e-inen
Charakter an, der mit der gesammten Zerrüttung
und Verderbniss seines Geistes in Ueberein-
Stimmung ist. Das wissen die Biographen nicht, sie