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Theil.
Capitel.
Hätte Rembrandt ileissig Weiter studirt, ohne sich allein
auf das eigene Urtheil und das eigene Auge zu verlassen,
so Würde er nicht so rasch überflügelt worden sein. Er war
jedoch, was seine eigenen Aussprüche bezeugen, von seinen
Leistungen ungemein eingenommen und verschmähte es,
von Anderen zu lernen. Daher verlor er seinen eigenen
Werken gegenüber den möglichen objectiven Standpunkt der
Kritik. Er verachtete, wie Sandrart sagt, die "der Kunst
höchst nöthigen Akademien" und begriff nicht, dass ein
Jeder nur auf dem Grunde der Tradition etwas Bedeutendes,
seiner und der Folgezeit Genügendes und dauernd Inte-
ressantes zu leisten im Stande ist, da die Kraft und Lebens-
(lauer
des
einzelnen
Menschen
nicht
ausreichen,
11m
eine
Sache gleichsam von Urbeginn zu erfinden, auszuprobiren
und bis auf den Höhepunkt zu bringen. Dazu kam, dass
sein Geist ziemlich früh von anderen Interessen ausgefüllt
wurde, welche ihn von der Ausübung seiner Kunst abzogen.
Er hatte im Jahre 1634 ein reiches, lebenslustiges Mädchen
geheirathet. Das Wohlleben umüng ihn von da ab mühelos,
und er vermochte es nun, sich mancherlei Wünsche zu er-
füllen, ohne sich vorher um
zu müssen. Er konnte seinen
deren Realisirung anstrengen
Liebhabereien und Neigungen
nachgehen, die ihn von seinen künstlerischen Arbeiten ent-
fernten. Die Sammlerleidenschaft ergriff ihn: er kaufte auf
allen Markten und Plätzen Alterthümer verschiedener Art,
dazu Naturalien und Kunstsachen; er fehlte auf keiner
Auction. Seinen Sammlungen widmete er die beste Tages-
zeit, sie ordnete, pflegte er. Sein Talent aber bildete er
nicht weiter, die Kunstühung vernachlässigte er; sie wurde
ihm zur Nebenbeschäftigung. Aus spontanem, unbezwing-
lichem Streben wurde er ein grosser Sammler, nicht
aber ein grosser Künstler. Dass seine Sammlung die erste