Die Helldunkelmalerei,
der Realismus und F.
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Treuherzigkeit und Einfalt seine Kunst handhabte, für Jeder-
mann aus dem Volke verständlich, für "Gebildete" fast zu
kindlich, aber doch rührend seiner Gefühlstiefe halber.
Diesen Künstler mit dem Weltmann Rubens oder einem
Michel-Angelo zu vergleichen, ist Niemandem eingefallen,
vielmehr sind seine Werke, da Rembrandt als Mensch
schon betreEs seiner äusseren Geltung in so starkem Gegen-
satze zu diesen beiden Heroen stand neben denjenigen
dieser Meister als die Werke eines einfach bürgerlichen, fast
spiessbürgerlichen Geistes angesehen worden.
Ferdinand Bol war nicht naiv; jene Zeit des höchsten
Selbstbewusstseins und das Zusammenleben mit der Amster-
damer Gesellschaft schon allein, wenn nicht eben der Inhalt
und die Ausgestaltung jener vielbekannten, tiefdurchdachten
Werke, sprechen dagegen. Wenn die ganze Zeit von Selbst-
bewusstsein strotzt, wie sollte ihr höchster Ausdruck, jener
grosse Künstler, naiv, nur eben kindlich-natürlich sein und
halb unbewusst die grössesten Geisteswerke vollbringen?!
Ein naiver Geist schafft nicht so Vielseitiges und Grosses,
er giebt sich zu bald aus. Freilich, seine grosse Natur, sein
tiefes, Wahres Gefühl verleugnen sich nirgend, aber er ist
sich seiner Absichten, seines aesthetischen Endzweckes und
der dazu angewandten Mittel sehr wohl bewusst. Bol über-
setzt sich die ganze Bibel in seinen Geist, er giebt seine
Selbstständige und eigenartige Auffassung wieder und steht
gerade hierin in vollem und bewusstem Gegensatze zu der
religiösen Kunst Italiens und der spanischen Niederlande.
Weit eher wäre Rubens wegen seiner gänzlich unkritischen
Auffassung des kirchlichen Dogmas "naiv" zu nennen, als
Bol, einer der erleuchtetsten Geister derjenigen Stadt, welche
damals die Culturblüthe Europas bedeutete. In manchen
Seiner Schöpfungen erinnert er in der Verinnerlichung, in