"Nachtwache"
Die
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Die Malerei desselben war ein Kunststück, die Bewegung
sei-ner Gestalt war frappirend, indem er mit erhobenem Fusse
fast aus dem Bilde heraus zu schreiten schien. Die Parti-
sane in seiner Hand war so stark verkürzt, dass sie auf dem
Bilde nur einen halben Fuss lang War, Während man sie
doch in ihrer ganzen Länge zu sehen verrneinte. Die übrigen
Personen, obwohl Portraits, Waren lange nicht so sorgfältig
ausgeführt und traten nicht plastisch hervor, müssen aber
im Verhältniss zu einander ziemlich gleichwerthig gewesen
sein, da sie mit fast gleichen Preisen bezahlt worden sind.
Sind die Urtheile der beiden Kritiker bezüglich der
Qualität des Bildes auch verschieden, so geht jedoch aus
den Beschreibungen beider hervor, dass es sich um ein
Portraitstück handelt.
Das aber muss man, wie bereits gesagt, bei der "Nacht-
wache" bezweifeln, besonders wenn behauptet wird, sie müsse
mit dem R emb ran dtts chen P 0 rtrait stücke identisch
sein,
VOII
dem
wir
wissen,
dass
HUT
16
Personen
auf
dem-
selben gemalt waren; denn wir können nicht annehmen, dass
der Maler auf dieselbe Leinwand noch 11-14 Personen mehr
hinzufügte, als verlangt worden waren, zumal er mit dieser
Mehrzahl Niemandem einen Gefallen erwiesen, sondern den
Zahlenden vielmehr die Platze geschmälert hätte. Eine der-
artige Handlungsweise des Künstlers müsste als eine unbe-
greifliche Thorheit angesehen werden.
Dergleichen ist aber in der Geschichte der Malerei sonst
nicht vorgekommen, vielmehr haben sich auch die grössesten
Künstler nach den ihnen gewordenen Aufträgen gerichtet
oder denselben doch wenigstens bei der Ausführung der-
selben nicht so gänzlich widersprochen.
Man kann aber nicht annehmen, dass gerade Rem-
brandt hierin wieder die einzige Ausnahme gemacht haben