Prüfung
des
Rembrandt
künstlerischen Entwickelungsganges
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die "Taufe des Kämmerers" darstellt. Rembrandt wird auf
dieser Radirung als Jnventor angegeben. Bisher glaubte
man, das betreffende Original sei verloren gegangen; nach
Herrn Dr. Bode indessen ist dasselbe in einem, jetzt der
Grossherzoglich Oldenburgischen Galerie angehörigen Bilde
erhalten geblieben. Wenn die Bezeichnung auf der be-
treffenden Radirung echt ist, so erscheint Herrn Dr. B0de's
Beweis plausibel. Er hält es für ein sehr frühes Bild Rem-
brandts, weil es noch ganz den Einfluss Lastman's zeige.
Die Entstehung desselben sei also nicht in das von J. Vliet
angegebene Jahr, sondern etwa 3-4 Jahre früher zu setzen,
etwa in das Jahr 16927 oder 1628. Als sicher muss wohl
angenommen werden, dass dieses Bild nicht von einem
Schüler in dem Atelier seines Meisters gemalt worden ist,
Weil sonst das ganze Bild eine grössere Gleichmässigkeit in
der Ausführung zeigen dürfte, als von Herrn Dr. Bode an-
gegeben wird.
Wir haben es hier vielmehr mit einem jungen Maler zu
thun, der, obgleich in vielem noch unreif, sich doch schon als
selbstständig schaffender Künstler übte und sich auch an Stoffe
Wagte, denen er weder in Composition, noch in Zeichnung
voll gewachsen War. Herr Dr. Bode beschreibt dieses Bild
folgendermaassen: „Einzelne Eigenschaften des Oldenburger
Bildes machen es freilich schwer, auch nur an eine Erst-
lingsarbeit des grossen Künstlers zu denken." Namentlich
falle die kindische Zeichnung und rohe Behandlung der
Pferde, besonders des grossen Gauls über der Gruppe der
Taufe, sehr störend ins Auge. Die Hand des Apostels
Verrathe ähnliche Schwächen, ebenso die Wiedergabe des
Wagens. Andere Theile des Bildes, besonders der Reiter
mit der Lanze, seien besser gelungen, dazu sei die Haupt-
gmppe tief empfunden. In dem hellen Tageslicht des