M
Theil.
VII.
Capitel.
verstanden hätten. Alles das ist bezeichnend." In der That,
wenn Rembrandt der grosse Meister war, als Welcher er
nunmehr gilt, dann bedeutet Rembrandt und seine Zeit eine
Ausnahme gegen jede anderweitige historische Erfahrung,
denn es ist sonst nie dagewesen (und auch undenkbar),
dass der Meister zeitgemässer, also allgemein verständlicher
Kunstwerke in der höchsten Culturepoche eines Volkes nicht
Wenigstens von den edelsten Geistern seines Volkes geschätzt
worden wäre.
Indem wir Rembrandt fernerhin als den Meister jener
Kunstwerke betrachten, machen wir die hervorragenden
Männer Amsterdams in" jener Zeit zu Gimpeln, Welche die
Grundideen ihrer Zeit nicht erkannten (nach denen sie doch
handelten), oder zu schlechten Charakteren, welche das
grosse Genie, Welches diese Ideen zu künstlerischem Aus-
druck brachte, aus Neid herabzudrücken versuchten.
Beide
Annahmen
aber
trüben
das
Urtheil
über
die
grosse Culturepoche Hollands zu jener Zeit, Welche sich
doch nothwendig auf eine bedeutende Summe tüchtiger,
geistbegahter und guter Menschen stützen musste, da sie
nur ein Ausdruck des Geisteslebens Vieler sein konnte.
Wenn wir dagegen vorurtheilsfrei in jene Zeit blicken,
welche den Höhepunkt von Rembrandts Leistungsfähigkeit
bedeuten soll, dann müssen wir zugeben, dass es nicht ver-
wunderlich ist, dass sich die hochgestellten Leute von einem
sittlich versinkenden Manne zurückzogen, und es erscheint
nicht unverständlich, dass man einen Maler, Welcher sich
die Missachtung seiner Mitbürger in hohem Grade zugezogen
hatte, nicht dazu erwählte, die Säle des Rathhauses oder
die "Gotteshäuser" mit seinen Werken zu füllen, noch dass
man die allegorische Verherrlichung sittlicher Zeitgedanken
einem Künstler übertragen wollte, dessen unmoralischer