Charakteristik Rembrandtis.
Zur
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Prüfungszeit hervorgehen, wir erkennen in ihm vielmehr
einen kleinlichen, verbitterten, doch püffigen Menschen,
dessen Art und Weise abstossend wirkt. Die Liebe zur
Arbeit hatte er verloren,
desgleichen
das Vertrauen
ZU
seiner
künstlerischen
Kraft.
Des
Künstlers
bestes
Theil,
die
Unschuld
seiner
Seele,
hatte in sich selbst, in seinem Bewusstsein,
das auch immer führe, sei es Gewissen,
War dahin. Er
Welchen Namen
Ehrgefühl, Geist, Gemüth sehr viele Niederlagen erlitten;
er hatte, um mit Marc Aurels Worten zu sprechen, sich
selbst verschlechtert. Und auch ihm nicht, wie Niemandem,
ist es gelungen seinen Erinnerungen zu entfliehen; denn der
Mensch ist sein Gedächtniss. Rembrandt konnte sich von
seinem
Sturze
niemals
erholen.
Der grosse Triumphzug des Gedankens, der ideale
Schvmng der Phantasie, die nimmer ruhende, harmonisch
rauschende Quelle des schaffenden Genius, das tiefe,'reine,
Wahre und starke Gefühl sie Waren, wenn er sie je be-
sessen, nicht mehr sein Theil.
Rembrandt benimmt sich
im
Jahre
1657
wie
ein
hilf-
loser
Greis:
hält
sich
E111
die
Werthe
Seines
Sohnes
und
dictirt diesem jenes Testamentl) in die Feder, nach dessen
Inhalt die Gläubiger Rembrandts, selbst wenn alle nahen
Verwandten des Titus bei dessen ev. Tode bereits gestorben
sein sollten, absolut nichts von dem Nachlasseerhalten
sollen?) Für Rembrandt selbst aber sichert das Testament
bis zu seinem Tode den Niessbratich dieses Vermögens;
L
1) Siehe Oud-Holland, Jahrgang 1887.
z) Sollte Rembrandt auf Veranlassung seiner Gläubiger etwa in
Schuldhaft genommen worden und aus diesem Grunde so von Hass und
Ungerechtigkeit gegen sie erfüllt gewesen sein?