Das Leben Rembrandt's. S7
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Walter Scott, der geniale grosse Dichter, hielt es für eine
Ehrenpflicht eine Schuld zu tilgen, bei welcher sein Name
engagirt war. Er wollte den Leuten, welche bei einem Unter-
nehmen seines Freundes Geld verloren hatten, dieses zurück-
erstatten und liess es sich nicht genug sein, dass er selbst
sein sehr bedeutendes Vermögen dabei eingebüsst hatte und
darüber hinaus zu keiner weiteren Leistung verpflichtet war.
Hier sehen wir einen Mann, der ohne Aufhören arbeitet
und sich über das Maass seiner und der menschlichen
Krafte überhaupt anstrengt um einer Ehrenpflicht nachzu-
kommen, der auf allen Lebensgenuss verzichtet um dieses
Zweckes willen und der den übermässigen Anstrengungen
erliegt, welche er sich freiwillig auferlegte, um das vorge-
steckte Ziel zu erreichen.
Rembrandt dagegen hat für den Begriff der Ehre über-
haupt kein Verständniss; ihm mangelt sogar das Gefühl der
Scham. Er giebt die verschiedensten Versprechungen ohne
den Willen in sich zu tragen dieselben zu erfüllen, er
bricht sein gegebenes Wort, fühlt sich durch keinerlei
Verpflichtungen gebunden, kurz er zeigt sich als ein
Mensch ohne Grundsätze, ohne Ideal, ohne Charakter.
Dieser Mann kann nimmermehr der Autor jener gemüths-
tiefen und geistvollen Kunstwerke sein, welche Jahrhunderte
überdauert haben und von der gebildeten Welt jetzt mehr
denn je bewundert werden. Bei dem Vergleiche mit Walter
Scott gewahrt man die abgrundtiefe Kluft, welche Rem-
brandt von den grossen und guten Charakteren aller Na-
tionen trennt, und der Zwiespalt zwischen seiner Person
und den ihm zugeschriebenen Werken macht sich doppelt
fühlbar hinsichtlich der Einheitlichkeit der Geisteswerke und
der Handlungen hervorragender Männer, welche in jeder
Beziehung als Zierden ihres Volkes und der Menschheit