RAFFAEI] S
JUGEND
UND
LEHRZEIT.
Taufe Chrifti entworfen hatte, zeichnete der Schiiler den h. Martin.
Raffaels Gemälde in Berlin, die Madonna zwifchen den hh. Hieronymus
und F ranciscus, befltzt feinen Ausgangspunkt offenbar in einer Werkftatt-
Zeichnung in der Wiener Albertina. Als Perugino die Auferftehung
Chrifti, jetzt in der Viaticanifchen Galerie, entwarf, wiederholte Raffael
wahrfcheinlich zu eigener Uebung die Geftalten der fchlafenden und
Hiehenden Grabwächter. Diefelben find uns in der Sammlung der Uni-
verfztät Oxford erhalten und überrafchen, mit Peruginds Arbeiten ver-
glichen, durch ihre ungleich gröfsere Vollendung. Zwar fehlt noch, wie
bei allen Jugendarbeiten Raffaels, das durchgreifende VNaturPtudium,
befonders die Köpfe erfcheinen nach einem feftftehenden Typus gezeichnet.
In den mit dem Silberftift zart gezogenen Umriffen klingt aber bereits
der reine Wohllaut an, welcher alle Raffaelfchen Schöpfungen begleitet.
Noch ein anderes Beifpiel des Zufammemvirkens mit dem Lehrer und
den Schulgenoffen verdient Erwähnung. Ein beliebter Gegenftand der
Darftellung war in Peruginds Werkfiätte die Scene, in welcher dem
Chriftuskinde von den Eltern und den Hirten andächtige Huldigung
gezollt wird. Es ruht auf dem Boden oder fitzt auf einem Sattel, von
einem Engel unteritützt und wird von der knieenden Madonna, von
Jofephus und den Hirteniangebetet. Diefe Scene gibt eine kleine Predelle
in der Sammlung Conneftabile in Perugia wieder; {ie bildet den Inhalt
der Mitteltafel auf dem grofsen Altarwerke, welches Perugino für die
Karthause zu Pavia gemalt hatte und jetzt die Londoner Nationalgalerie
unter ihren Schätzen bewahrt. Auch Raffael arbeitete den Gegenftand
durch. m) Zuerft ganz flüchtig, dann forgfältiger mit dem Silberftift auf
abgetöntem Papier entwirft er mit einzelnen Abänderungen das Haupt-
motiv des Mittelbildes. Und als der Carton fur die kleine Predella in
der Werkßatte fertiggeftellt wurde, liefs fich Raffael nicht abhalten,
wenigftens den Kopf der knieenden Madonna in gröfserem MaafsPtabe
(Florenz Br. 516) auszuführen. Solche Zeugniffe der Wechfelwirkting
zwifchen Werkftattarbeiten und Raffaels Studien können noch öfter ange-
rufen werden. Kein Wunder, dafs der begreifliche Eifer, recht viele
Spuren der Jugendentwicklung Raffaefs zu entdecken, fie zu einer förm-
lichen Regel erhob und feine Mithilfe an allen in diefer Zeit vonaPerugino
gefchaffenen Werken behauptet, alles Gute und Schöne in denfelben
ihm zugefchrieben wurde, meiftens jedoch ohne zureichenden Grund.
In der Malertechnik wenigftens ftand Perugino feinen Meifter und bedurfte
3') Robinfon,
1 und 2.
Critical
account
of the
drawings
in
Oxford