Volltext: Bis zum Tode Julius II. (Bd. 1)

GIOVANNI 
SANTI. 
herzogliche Haus, wir freuen uns aber auch, wenn fchon der poetifche Werth 
der nur auszugsweife bekannten Reimchronik  die Handfchrift ruht in 
der Vaticana  das Mittelmaafs nicht überfchreitet, über den verftändigen 
Blick und die weitere Umflcht des Verfaffers. Von befonderem Intereffe 
fmd die Bemerkungen Giovannis über die Künftler feiner Zeit. Er kennt 
und nennt fie faft alle, Bildhauer und Maler, die Künftler Mittelitaliens 
und der Lombardei. Mit hohem Lobe Hattet er namentlich Mantegna 
und Melozzo da Forli, Leonardo und Perugino aus. Es mufsten diefe 
Letzteren nicht nothwendig in einem unmittelbaren perfönlichen Verhält- 
niffe zu Giovanni Santi ftehen; jedenfalls, wenn ein folches bePcand, 
haben wir darüber keine Kunde, fo wenig wie über feine Beziehungen 
7-11 den zahlreichen Künftlern, welche Herzog F ederigo in Urbino be- 
fchäftigte. Aufser vlaemifchen Malern waren hier unter anderen Paolo 
Uccelli und Piero della Francesca thätig. Gerade in den öftlichen Land- 
fchaften Italiens, wo es keine glorreichen Kunfttraditionen, keine feftge- 
Wllfzelten Localfchulen gab, bemerkt man in der zweiten Hälfte des 
fünfzehnten Jahrhunderts ein unruhiges Wogen, ein hafliges Fortfchreiten, 
Sln Cifriges Ausblicken nach den Vorzügen anderer Kunftflätten. Wan- 
Clermaler, hier überall gern gefehen, brachten zahlreiche Neuerungen mit 
und liefsen mannigfache Eindrücke zurück. Gelegenheit fich aus den 
engen Feffeln der localen Kunftübung zu reifsen, gab es für den ftreb- 
famen Kunftjünger genug. Und dafs Giovanni Santi helle Augen und 
einen energifchen Sinn befafs, bezeugen fattfam feine Werke. Nur aus 
dem letzten Jahrzehnt feines Lebens find folche mit Sicherheit nachzu- 
Weifell, der Gang feiner Entwickelung ifi daher nicht völlig klar. Offen- 
bar blieb ihm aber die Richtung Pierds della Francesca und der An- 
hänger desfelben nicht völlig fremd. Die Lehren der läerfpective, einer 
damals noch vielfach geheimen und ifchweren Kunft, wendet er mit 
QFOfser Freiheit an, felbft kühnere Verkürzungen gelingen ihm mühelos. 
auch die berechnete Strenge der Zeichnung, in den Gewändern und 
ellllelnen männlichen Geftalten bemerkbar, geht auf diefelben Einüüffe 
Zurück. Doch war die umbrifche Schule fo nahe benachbart, der in ihr 
vorherrfchende lyrifche Anklang auch in Giovanni's frommer Heimath 
fo gut verftändlich, dafs er auch diefe Eindrücke in {ich aufnahm und 
111 feinen Madonnenbildern veräufserte. Ueber allen diefen Aneignungen 
fChWebt, die Gegenfätze mildernd und löfend, feine eigene liebenswürdige, 
nlit den Umbriern verglichen, frifchere Natur. Üie fchwächfte Seite an 
Glovanni ift das Colorit; er gebietet auch nicht über mannigfache Typen 
g  
Fragmente 
der 
Reimchronik 
bei 
Paffavant 
415.
	        
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