DIE SCHLACHTENBILDER IM RATHSSAALE.
neu hergeftelltem Hauptfaale llCh der grofse Rath verfammelte, mit
Malereien zu fchmücken. Kein Zweifel, dafs auch die Gegenftände der
Darftellung nach politifchen Rückiichten erwogen und beftimmt wurden.
Auf der einen Wand des grofsen Rathsfaales follte die Schlacht bei
Anghiari, welche die Florentiner gegen den Condottiere des Mailänder
Herzogs, gegen den berühmten Piccinino, im Jahre 1440 gewonnen
hatten, gefchildert werden. Für die gegenüberliegende Wand dagegen
wurde eine Scene aus den Pifanerkriegen ausgewählt: Florentiner Soldaten,
bei dem Bade von dem Feinde überfallen, eilen, dem Arno zu entfteigen,
die Rüftung anzulegen und den Pifanern entgegenzutreten. Befonders Anm.
diefes letzte Bild zeigt einen unmittelbaren Bezug auf die Zeitereigniffe.
Pifa hatte, als Carl VIII. im Jahre 1494 mit feinem Heere nach
Italien herabgeftiegen war, das, florentinifche Joch abgefchüttelt und üch,
von den Gegnern von Florenz bald offen, bald heimlich unterflützt,
unabhängig erklärt. Der Macht und ___dem Stolze der Republik war
dadurch die fchwerfte Wunde gefchlagen worden. Die Wiedererobe-
rung Pifas erfcheint feitdem als der Angelpunkt der Horentinifchen
Politik.
Grade jetzt wieder machte Florenz die gröfsten Anftrengungen, die
gehafste alte Nebenbuhlerin zu bezwingen. Den Muth der Bürger durch
die Schilderung früherer Kämpfe und Siege anzufeuern, wurde auch den
Palaftbildern als Aufgabe zugedacht. Die Ausführung der Pifaner
Schlacht bei Cascina übernahm Michelangelo, den Kampf bei Anghiari
follte Leonardo fchildern. Leonardo begann fein Werk, nach den noch
vorhandenen Rechnungsbelegen zu fchliefsen, frühzeitig im Jahre 1504.
Er zeichnete den Carton fertig. Kaum dafs er aber einige Figuren auf
die Wand gemalt hatte, legte er den Pinfel nieder, um niemals wieder
zu der Arbeit zurückzukehren. Bitter klagte der Gonfaloniere in einem
Briefe vom 9. October 1506 über Leonardo, der fich gegen die Republik
nicht gut benommen und einen gar kleinen Anfang zu einem grofsen
Werke gemacht hätte. Bekanntlich gingen fowohl der Carton, wie die
im grofsen Rathsfaale gemalte Gruppe der vier Reiter, die um eine
Fahne kämpfen, zu Grunde, und unfere ganze Kenntnifs von der Reiter-
gruppe danken wir aufser Vafarfs Befchreibung einer wahrfcheinlich
freien Zeichnung von Rubens Hand, die durch Edelincläs Stich die
weitefte Verbreitung fand.
Michelangelds Werk traf kein befferes Schickfal. Im Hofpital der
Färber bei S. Onofrio hatte er feine WerkPcätte aufgefchlagen und hier
feit Ende October 1504 am Carton gearbeitet. Er vollendete ihn wahr-
fcheinlich fchon im Februar 1505. Wir fchliefsen es aus einer gröfseren