Volltext: Bis zum Tode Julius II. (Bd. 1)

ANMERKUNGEN- 
UNI ) 
BELEGE. 
337 
verwerfen, dafs in der Schule von Athen eine Art von Ueberficht der Ent- 
wickelung der griechifchen Philofophie dargeflellt fei, fo wird diefelbe 
vollends durch die Erkenntnifs widerlegt, dafs Figuren, welche nach 
diefer Hypothefe zu den wichtigften hiflorifchen Figuren gehören, erit 
zuletzt der Compofition angefügt wurden. Das gilt merkwürdiger Weife 
nicht blofs von der Schule von Athen; auch am Parnafs und namentlich 
an der Disputa bemerken wir den gleichen Vorgang. Einzelne der her- 
vorragendilen Figuren, wahre Markfleine der Compofition und Gliederung, 
welchen wir gern eine befondere inhaltvolle Deutung beilegen, find erit 
ganz fpät den Bildern einverleibt worden. Offenbar hat Raffael erft, als 
er die Cartons fchuf und diefelben auf die Wand übertrug, den vollen 
Ueberblick über die Wirkung der Compofition gewonnen und darauf hin 
noch wefentliche Aenderungen vorgenommen. Auch die in unferen Tagen 
wieder aufgetauchte chriftliche Umdeutung der Schule von Athen findet 
in einer einfachen Thatfache ihre Widerlegung. Papfl Paul III. (1534 
bis 155ol liefs bei einer Umfetzung des Kamins das von Giovanni da 
Verona meiflerhaft eingelegte Holzgetäfel abbrechen und an deffen Stelle 
von Perino del Vaga zu der Zeit, als Michelangelo das jüngüe Gericht 
aufdeckte, die Felder mit bronzefarbigen Bildern füllen. (Vafari V. 622). 
Unter der Schule von Athen war die allegorifche Figur der Philofophie 
dargeftellt, eine verhüllte Frau, den Fufs auf einen Globus fetzend, mit 
Büchern zur Seite, fodann Männer, welche im Halbkreife um einen Globus 
fitzen und ihn deuten, ferner die Belagerung und Plünderung von Syrakus 
und die 'I'ödtung des Archimedes, der mit dem Zirkel Figuren auf den 
Boden zeichnet, durch einen Soldaten. Die Beziehung der Sockelbilder 
auf das Wandbild ill unverkennbar. Es war daher, ehe Vafari fchrieb, 
und ehe Giorgio Mantuano in feinem Stiche die Schule von Athen auf 
die Predigt Pauli in Athen bezog, in römifchen Kreifen die profane 
Deutung eingebürgert. 
) Die Berechtigung, die Halle als einen tempelartigen Raum darzuftellen, 
entnahm Raffael dem Gebete, welches beim Beginn platonifcher Lectionen 
verrichtet wurde! zzsjzirzz 110: jbrernr alme Dezzs, narmrbzß zzolnm 22mm fra- 
frillus Ina's, in rzzczlio ßzclesiw uarrzzbzz te. Marfilius Fic. "epp. l. VIII. p. 866. 
) Marfilius Ficin us Comment. in Timaeum p. 1491: Saj:z'e1ztz' [ex Dem 
(Sf, irzswiwlti libizio, p. 149. Superbi rim! De! legzmz relizjzzerznz! im dr- 
sßruntur a Duo. Dßserli autem [wurmt atrocizzs e! mzisßnzbilizzs vrurzkzzztzzzg- 
ferner p. 140 3: Petendre religiozzzlv leges ab Ajßolline i. e. rliwino Zuminc; 
zkzslzlfire zum tezlzjzerazztzkz legitimer esi cozzseusio; [Mr Zzßizlizzezzz nzpilnr rzzzima 
m! zßollrjßtaterlz per iramzzdinzzz jzrozßozatrzr m! pugnazzz. Wahrfcheinlich hat 
Raffael fich nicht mit der Verfinnlichung diefer Lehren begnügt, fondern 
zugleich apollinifche, bis jetzt noch nicht fafsbare Mythen (Angriff des 
Tityos auf Leto?) wiedergegeben. 
Springer, Ralfael und Michelangelo. I. '22
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.