Die T hatfache, dafs der Schmuck der Decke in der Sixtina erft allmählich
zu dem Umfange und der Geftalt, welche er endgiltig empfing, wuchs,
wird durch Michelangelo felbft bekräftigt. Er erzählt in dem Briefe an
Fattucci (Milanefr lett. CCCLXXXHL): wDer erfte Entwurf zeigte die
zwölf Apoftel in den Bogenfeldern und im Uebrigen mit Ornamenten be-
deckte Felder, wie das fo üblich ist. Als ich das Werk anfing, fchien
es mir, dafs es ein armliches Werk werden würde und ich fagte dem
Papfte, wie es mir vorkäme, dafs die Apoflel allein einen ärmlichen
Eindruck machen; und als er fragte warum? antwortete ich, weil fie felbft
arm waren. (Condivi cap. XXXVIII.) theilt das Gefpräch in anderer
mifsverftandener Wendung mit.) Darauf gab er mir einen neuen Auftrag,
ich möge machen, was ich wolle, und ich folle die Decke malen bis zu
den unteren Hiftorienbildernß Diefelbe Quelle lehrt uns auch den Zeit-
punkt kennen, in welchem Michelangelo die Cartons für die Fresken an
den Schmal- und Langfeiten rings um die Kapelle in Angriff nahm.
Das gefchah 1511. Die eigentlichen Deckenbilder waren damals fchon
vollendet. Die Beflätigung dafür liefert die von E. Müntz in feinem
inhaltreichen Auffatzet Une rivalite d'artistes au XVIe siecle (Gaz. des
beaux arts 2c p. t. XXV, 386) mitgetheilte Notiz aus dem Tagebuche des
Paris de Grassis: 21511. Pontifex in vigilia in die gloriossimm Virginis
assumptze (r 5. Augult) voluit interesse vesperis et missae in capella majori,
palatina et ad eam Pontifex venit, vel ut pictttras novas ibidem noviter
detectas videret, vel quia ex devotione ductus flllllß Bei Paris de Grassis
lefen wir auch die urfprüngliche Fafftmg der Anekdote, nach welcher
Michelangelo den neugierigen und ungeduldigen ljapft nahezu gewaltfam
aus der Kapelle vertrieben hätte. Am Vorabend des Plingllfeltes 1508
wollten {ich die Cardinäle wie gewöhnlich zur Vigiliedn der Sixtinifchen
Kapelle verfammeln, wurden aber von einem gewaltigen Staube, der von
dem aufgefchlagenen Gerüfle kam, und von lärmenden Arbeitern empfangen.
Der Befehl des Ceremonienmeiilers, diefelben möchten fich entfernen,
wurde nicht beachtet. Der Papft mufste nacheinander zwei Kämmerer
abfenden, ehe die Arbeiter fich fügten und mit dem Lärmen aufhörten.
Die Hoffnung, das Grabdenkmal beginnen zu können, lefe ich auch aus
dem (falfch datirten) Briefe an feinen Vater N0. XVIII. heraus: "m1" fu
jlrauzessa infm porclzi [Z2 clze [a üzcmncierebbe e alle in comincizzssi a la-
wrare. Dzjäai ö virto alle Zzz sariz cosa lzmga." Das richtige Datum 1511
ergiebt fich aus dem Zufammenhange mit den Briefen N0. XVII. und
N0. LXXXV., welcher letztere das Datum des Empfanges von der Hand
Buonarattds trägt: 1510 (i. e. 1511 nach römifcher Rechnung) a di 15
gennaio
ricevuta.