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RAFFAEL
UND
MlCI-IELANGELO.
Apoltel an den beiden Schmalfeiten, freben Apoflel (johannes hat den
Kopf auf den Tifch gelegt) mit Chriflus an der Rückwand; nur Iudas
allein hat an der vorderen Langfeite Platz genommen. Ueber die hohe
Lehne des Geflühls blickt man durch reich omamentirte Bogenhallen in
das Freie, wo in kleinen Figuren Chriflus auf dem Oelberge gefchildert
iit. Von den Fresken haben fich mehrere werthvolle Skizzen erhalten:
eine im Privatbefitz in England, Studien zu mehreren Apofteln, in
S. Onofrio neben der Freske ausgeftellt und die beiden an der rechten
Schmalfeite fitzenden Apoftel Simon und Thaddaeus in der Uffizienfamm-
lung. Bereits zwifchen diefen Handzeichnungen herrfcht ein beträchtlicher
Unterfchied, die letztere ill handwerksrnäfsiger gearbeitet als der h. Petrus
und Andreas in der Silberlliftfludie in S. Onofrio. Um die Verwirrung
zu vollenden, befrtzt die herzogliche Kupferltichfammlung in Gotha einen
Kupferilich (bisher in einem einzigen Exemplar nachweisbar), der fich
offenbar auf die Freske in S. Onofrio bezieht, die Anordnung und Be-
wegung der Figuren wiederholt, aber nicht allein den Hintergrund ganz
verändert wiedergiebt, fondern auch den Charakter der Figuren in den
älteren Horentiner Stil überträgt, während Freske wie Handzeichnungen
die reine umbrifche Weife offenbaren. Von Raffael als dem Schöpfer
des Werkes ifl die Meinung der Kunflkenner ziemlich allgemein zurück-
gekommen, keiner aber der an feiner Stelle genannten Meifler fand bisher
unbedingte Zuftimmung. Es wurde der Ausweg ergriffen, an die Thatig-
keit mehrerer Hände zu denken, wobei die Erwägung hilft, dafs Perugino
feit 1502 eine Werkftätte in Florenz befafs, in welcher mehrere agarzonir:
froh befanden. Von diefen könnte das Werk unter der Leitung Peruginds
ausgeführt worden fein. Nachdem das Werk bald diefem, bald jenem
Umbrier zugefchrieben wurde, fchlägt jetzt Milanefi (Vafari -IV. 313) den
Namen des Raffaello Carli vor, eines llorentiner Malers, welcher in
Peruginols Werkflätte arbeitete.
Nach dem Maafse der Stilentwickelung zu fchliefsen, gehen der Madonna
Conneitabile mehrere Madonnen voran, zunächft die Madonna mit den
h. h. Franciscus und Hieronymus in der Berliner Galerie. Die Madonna,
nur bis zum Knie fichtbar, fitzt im Freien und umfafst mit beiden Händen
das auf ihrem Schoofse auf einem Polfter ruhende Chriftkind, welches die
Rechte zum Segen erhebt. Links fleht der bärtige Hieronymus mit
gefalteten Händen, rechts der kahlköpiige Franciscus, welcher die Hand
wie llaunend hebt. Der Rahmen fchneidet den Körper der beiden Heiligen
beinahe zur Hälfte ab. Dem Bilde liegt eine Federzeichnung in der
Albertina (Br. 134) zu Grunde, welche deshalb Raffael, obfchon nicht