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RAFFAEL
UND
MICHELANGELO.
Vita di Michel Angelo Buonarroti raccolta per Ascanio
Condivi da la Ripa Transone erfchien. [Unter den fpäteren Ausgaben
Condivi's wirdidie Pifaner vom I. 1746, wiederabgedruckt 182 3, wegen der
Anmerkungen Gorfs und Mariettes am meiften gefchätzt] Condivi berichtigte
in vielen Punkten Vafari und fchilderte die jugendgefchichte Michelangelds
ausführlicher als fein Vorgänger; dafs er an den ihm überlieferten Nach-
richten keine Kritik übte, Michelangelds nicht immer ganz ficheren Erinnerungen
unbedingt glaubte, belaftet ihn nicht als Schuld. Als Vafari 1568 feine Vite
vielfach verbeffert und erweitert zum zweiten Male herausgab (ed. Giunta),
nahm er, wenn auch mit fchlecht verhehltem Grolle Condivfs Ergänzungen
in ausgedehntem Maafse auf. Für die letzten Lebensjahre Michelangelds
ist Vafarfs zweite Ausgabe wieder eine felbftändige Quelle. Der Autor ver-
kehrte und verhandelte in diefer Zeit viel mit feinem Meifter und zeigt fich
im Wefentlichen gut unterrichtet. Nur drängt er zu fehr die eigene Perfön-
lichkeit in den Vordergrund und erfcheint gegen andere Mitarbeiter und
Schüler Michelangelds häufig ungerecht. Hier wird Vafari nach der neueften
Octavausgabe, Florenz, Sanfoni 1878-1882, in acht Bänden citirt. Michel-
angelds Leben befindet fich im 7. Bande p. 135-316. Condivi und Vafari
bildeten bis in unfer ]ahrhundert die ausfchliefsliche Quelle für Michelangelds
Leben. Die erflen wichtigften Ergänzungen brachte Bottari's Raccolta
di lettere sulla pittura etc. Rom 1754 ff. [neuere Ausgabe mit Ticozzfs
Zufätzen in 8 Bänden, Mailand 1822], fodann der zweite und dritte Band
des Carteggio, durch welches Werk der leider viel zu früh verftorbene
Iohannes Gaye die kunsthiftorifchen Studien in neue und ftreng wiffenfchaft-
liche Bahnen gelenkt hat. Für die Schilderung der florentiner Thätigkeit
Michelangelds dienen die in Gaye's Carteggio (2. u. 3. Bd.) aus den florentiner
Archiven mitgetheilten Urkunden noch immer als wichtigfte Grundlage. Von
dem gröfsten Schatze, den Familienpapieren in der Cafa Buonarroti wufste
man wohl fchon lange, doch blieb er bis in die jüngfte Zeit unbehoben.
Einzelne Brieffchaften waren in den Befitz des britifchen Mufeums gerathen
und auf diefem Wege zur öffentlichen Kenntnifs gekommen. Guafti theilte
in der Vorrede und den Anmerkungen zu den vRime di Michelangeloa
1863 mehrere Briefe und Urkunden mit; auch die wCarte michel-
angelefche ineditea, welche Daelli in Mailand 1865 herausgab (46
facfimilirte Blätter), gehen theilweife auf Abfchriften aus dem buonarrotifchen
Hausarchive zurück. Die meiften und wichtigiten Briefe blieben aber ver-
borgen, bis Gaetano Milanefi 1875 fämmtliche in der Cafa Buonarroti
(und im Britifchen Mufeum) bewahrten Briefe Michelangelds, 495 an der
Zahl, leider die falfche Datirung vieler Londoner Briefe nicht immer ver-
beffemd, publicirte. Milaneffs Lettere di Michelangelo Buonarroti publicati
coi ricordi ed i contratti artiftici find fortan der Ausgangspunkt für jede
Biographie Michelangelds. An ihrer Hand können wir Michelangelds Leben