Volltext: Bis zum Tode Julius II. (Bd. 1)

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VII. 
DIE 
STANZA 
UELIODORO. 
der Darftellung, die nichts als Wohllatlt und Wonne athmen, den Künitler 
befeligen und die Befcliauer entzücken, die wenig zu fagen fcheinen und 
doch das Tiefiie bedeuten  er {chuf die Madonna della Sediaf") 
Ein halbes Hundert Kupferftecher und mehr haben ihre Kunit an 
der Madonna della Sedia verfucht, die Photographie Taufende von Nach- 
bildungen verbreitet. Kein Bild RaffaeTs iii {o beliebt in weiten Kreifen, 
kein Werk der neueren Kunit fo gut bekannt. Die in der Liller Sammlung 
aufbewahrten Entwürfe zur Madonna della Sedia (Br. 89) verrathen den 
gleichzeitigen Urfprung derfelben mit der Madonna aus dem Haufe Alba. 
Aber auch verwandt im Charakter dürfen He bezeichnet werden. In 
beiden klingen {iorentiner Eindrücke aus. Auch die Madonna della Sedia 
drückt das innigiie Zufammenleben von Mutter und Kind aus, preifi die 
Freude und Seligkeit der jungen Mutter, wie es {o viele florentiner 
Madonnen thaten. Nur iii die Madonna della Sedia aus den florentiner 
Formen in römifche übertragen, und an die Stelle der zarten hellen 
Schönfarbigkeit der breite malerifche Auftrag getreten. Die Madonna 
fitzt in einem Stuhle (sedia oder seggiola) und hält mit beiden Armen 
ihr Kind umfafst, das fich eng an {ie prefst, fein Köpfchen an ihre 
Wangen zärtlich fchmiegt. Beide blicken aus dem Bilde heraus, die 
Mutter {till beglückt, das Kind froh, im weichen Mutterfchoofse geborgen 
zu fein. An diefe innig verfchränkte Gruppe fchliefst {ich noch rechts 
der kleine johannesknabe mit dem Rohrkreuze an. Er hat die Hände 
gefaltet und blickt zu dem Genoffen liebevoll andächtig empor. 
Die hohe Vollendung des Bildes wird durch nichts fo anfchaulich 
gemacht, wie durch die Sage, welche aus dem Kunftwerke entftanden 
iit. Raffael, 'f0 wird (feit dem vorigen Jahrhundert?) erzählt, fah eines 
Tages im vaticanifchen Hofe eine Bäuerin mit ihrem Kinde in den Armen 
iitzen. Entzückt von der wunderbaren Schönheit des Weibes griff er 
nach dem erflen beften flachen Gegenfiande, der {ich ihm darbot, um 
Stellung und Züge der Gruppe zu verewigen. Das war zufällig der 
Boden einer Tonne, und fo kam unwillkürlich die Rundform heraus, in 
welcher die Madonna della Sedia {ich zeigt. 
Die Einordnung aller Geftalten in den Rahmen eines Kreifes erfchien 
fo ungefucht, die Führung der Umriffe in leifen Krümmungen fo wenig 
gezwungen, dafs man an eine berechnete Abiicht nicht glauben"'mo"öhte. 
Nur der Zufall, meinte man, zeige fo glückliche Infpirationen. Aus den 
Entwürfen lernen wir das Werden und Wachfen auch diefer Compofition 
von E. Mandel, 
 Burger. 
 Stiche 
getroffen) von 
Schaeffer 
und 
Tone 
befonders 
gut
	        
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