DAS
PORTRÄT
JULIUS
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Hiächtige Formen angenommen und der KünPcler gelernt hat, das Gewand
in breite Falten zu legen und in grofsen Waffen zufammenzuhalten, bewahrt
das aAntlitz gern noch die fröhlich holden Mädchenzüge der florentiner
Periode. Erft als in RaffaeTs Colorit neue Grundfätze zur Herrfchaft
gelangten, verfchwand auch aus den weiblichen Köpfen der altere, auf
eine zarte, leichte, auch in den Schatten helle Färbung berechnete Typus.
Ein kleines, im Dresdener Cabinet bewahrtes, leider nicht mehr unver-
fehrtes Blättchen (Br. 81) lehrt uns die Veränderung, welche mit dem
Madonnentypus vor llCh ging, am bePcen kennen. Dem Betrachter wird
die Verwandtfchaft der Gefichtsformen, befonders der Stirn, der Augen,
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Fi 66. Handzeichnun im Ku aferßich-läabinet zu Dresden.
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des Mundes mit den berühmteften römifchen Madonnen Raffaefs nicht
entgehen und die Vermuthung, dafs hier überall ein beftimmtes Modell
Zu Grunde liege, auftauchen. (Fig. 66.)
Es fcheint, dafs Papft Julius felbft mit Aufträgen auf Tafelbilder den
Gönnern Raffaefs voranging. In die Kirche Sta. Maria del popolo,
gleichfain der Familienkirche der Rovere, ftiftete er fein eigenes Portraitif)
und ein Madonnenbild. Beide Werke flnd fchon frühzeitig und oft wieder-
holt Worden und noch gegenwärtig in einer gröfseren Zahl von Exem-
plaren vorhanden. Diefe grofse Beliebtheit hat aber bei den zwei Bildern
nicht die gleichen Früchte getragen. In Bezug auf das Portrait können
wir uns vor Prätendenten, welche den ausfchliefslichen Anfpruch auf
m) Kreidezeichnung
S p rin g er, RafTael und Mic
des Kopfes
helangelo. I.
nach
dem
Leben
in Chatsworth.
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