Volltext: Bis zum Tode Julius II. (Bd. 1)

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VI. RAFFAEL IN 
ROM 
UNTER JULIUS II. 
Genoffen ab; ihm fehlt die Architektur, welche die ganze obere Hälfte 
der Freske füllt und hier die Wirkung des Werkes wefentlich mit- 
belltimmt. Mit der Architektur in der Schule von Athen läfst {ich 
nur der geöffnete goldene Himmel in der Disputa vergleichen. Beide 
bezeichnen m21? aillein den äufseren Schauplatz des Vorganges, fondern 
geben auch gleich den Empfindungen des Befchauers die wahre Richtung. 
Als einen tempelartigen Raum denkt {ich Raffael die platonifche 
mm. 9. Akademie, wurde ja auch Dante's göttliche Komödie in Domen gelefen 
und erklärt. S0 hell ftrahlend wie diefen Raffaelifchen Bau mag Leo 
Battifia Alberti feine I-Iumaniftenkirche geträumt haben, ähnliche lVIaafse 
und Verhältniffe fchwebten gewifs Bramante vor, als er das neue Ideal 
der Architektur entwarf, von welchem die Peterskirche nur einen 
fchwachen Abklatfch bietet. Von der mittleren hohen Kuppel, die 
Ströme von Licht in das Innere entfendet und die Gedanken weit von 
allem Bedürftigen, Kleinen und Gemeinen entfernt, gehen vier gleich 
lange, gewölbte Hallen im Kreuze aus. Es athmet {ich frei und fePclich 
in denfelben. Ihren Hauptfchmuck bilden in Nifchen aufgeftellte Götter- 
Pratuen; jene in der Tiefe der I-Ialle find nur im Profil fichtbar und in 
Bezug auf den Gegenftand der Darftellung nicht genau zu unterfcheiden, 
dagegen wenden die an der Frontfeite aufgeftellten ihre volle Geftalt 
dem Befchauer zu. Auf der linken Seite gewahren wir Apoll, nackt, 
an einen Sockel angelehnt, mit der Lyra im Arm. Raffael hat eine 
antike Gemme, welche den Gott neben dem Dreifufse ftehend darftellt, 
vor Augen gehabt und die Gefialt Apoll's genau nach derfelben wieder- 
gegeben. a") Unter der Statue ift ein Relief mit kämpfenden Männern 
(berühmte Röthelzeichnung in Oxford Br. 33) angebracht, kein blofses 
Schmuckbild, fondern, wie die noch tiefer ftehende Schilderung eines 
Nymphenraubes, beftimmt, eine Lehre der platonifchen Philofophie ein- 
Anm,xo. dringlich zu verfinnlichen. ßDem Weifen giebt Gott die Gefetze, dem 
Thoren die Leidenfchaft. Die Stolzen, welche {ich xion Gott abwenden, 
werden auch von ihm verlaffen, fallen immer tiefer in die Sünde und 
erdulden jämmerliche Züchtigungß Die Nifche in der Fronte rechts 
zeigt, die behelmte Minerva mit Schild und Speer, das Basrelief zu ihren 
Füfsen, auf Ariftoteles Naturlehre anfpielend, eine auf Wolken thronende 
den 
 Gori, Museum flor. 
Stichen Marcantods. S. 
LXV. 
Vgl. 
Thode, 
Die 
Antiken
	        
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