Volltext: Bis zum Tode Julius II. (Bd. 1)

DER 
PLATONISMUS 
DER 
RENAISSANCE. 
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weitverzweigte Intereffen zu verletzen und den im Befltz befindlichen 
Mächten zu mifsfallen. Er zog fich in engere Kreife zurück und ftand 
vorzugsweife nur der innern idealen Welt der Wiffenfchaft vor. Als 
Platonismus ragte er in das fechzehnte Jahrhundert hinein, und fo lernte 
ihn auch Raffael kennen. 
Der Orient hatte mit Wucherzinfen die bettelhafte Hilfe, die ihm 
das Abendland in den letzten Bedrängniffen zukommen liefs, zurück- 
gezahlt. Nur Pfennige hatte der Occident bereit, um Flotten und Heere 
gegen die Türken auszurüften, dagegen fchenkte ihm Byzanz die Schätze 
althellenifcher Cultur, welche es wenn auch nicht veritanden, doch treu 
gehütet hatte. Von dem Horentiner Unionsconcil datirt die zweite 
Periode des italienifchen Humanismus. Die bis dahin nur dunkel wie 
im Traume gefchauten griechifchen Dichter und Denker, vor Allen Homer 
und Platon, treten lebendig und ftrahlend an die Stelle der römifchen 
Helden. Die beiden Medici, der alte Cofimo und fein Enkel Lorenzo 
Magnifico dürfen das Verdienft für lieh in Anfpruch nehmen, diefen 
Umfchwung wefentlich gefördert zu haben. In dem Kreife, der flch 
namentlich um Lorenzo zu fammeln pliegte und feine berühmten Zu- 
fammenkünfte in dem Landhaufe der Medici in Careggio hielt, trafen 
llCll die geiftvollften und gelehrteften Männer, welche damals Florenz 
befafs. Ein Abglanz diefes höchften geiftigen Genufslebens lagert über 
allen Schriften, die aus diefen Kreifen hervorgingen, und erfetzt durch 
den poetifchen Schimmer, was ihnen etwa an ftrenger Gelehrfamkeit 
mangelt. i") 
T 
Drei Glaubensartikel befchwor vornehmlich die lGemeinde der Plato- 
niker: Die Religion und die Philofophie haben ein gemeinfames Ziel und 
ein gleiches Wefen; zwifchen Ariftoteles und Platon herrfcht kein feind- 
feliger Gegenfatz, die Lehren des erfteren bereiten vielmehr den Weg 
zum letzteren; Platon ilt der gröfste Weltweife, der Fürft der Philofophen. 
So durfte man einen Augenblick lang die Kluft zwifchen Wiffen und 
Glauben überdeckt, die Verföhnung zwifchen Religion und Philofophie 
hergeftellt wähnen. Aber nur einen kurzen Augenblick. Noch unter 
dem Pontificate Julius" II. in Kreifen, denen auch Raffael nicht fern fiand, 
regte {ich ein eifriger Widerfpruch gegen die Lehren der Platoniker, 
drangen eifrige Kirchenfreunde auf die Zerftörung des Cultus der Philo- 
fophie. Das wichtigfte Zeugnifq diefer Reaction gegen den Humanismus, 
Vgl. 
Springer, 
Die 
Schule 
V O11 
Athen. 
Mit Illuflr. 
XVien 
1833-
	        
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