DER
PLATONISMUS
DER
RENAISSANCE.
235
weitverzweigte Intereffen zu verletzen und den im Befltz befindlichen
Mächten zu mifsfallen. Er zog fich in engere Kreife zurück und ftand
vorzugsweife nur der innern idealen Welt der Wiffenfchaft vor. Als
Platonismus ragte er in das fechzehnte Jahrhundert hinein, und fo lernte
ihn auch Raffael kennen.
Der Orient hatte mit Wucherzinfen die bettelhafte Hilfe, die ihm
das Abendland in den letzten Bedrängniffen zukommen liefs, zurück-
gezahlt. Nur Pfennige hatte der Occident bereit, um Flotten und Heere
gegen die Türken auszurüften, dagegen fchenkte ihm Byzanz die Schätze
althellenifcher Cultur, welche es wenn auch nicht veritanden, doch treu
gehütet hatte. Von dem Horentiner Unionsconcil datirt die zweite
Periode des italienifchen Humanismus. Die bis dahin nur dunkel wie
im Traume gefchauten griechifchen Dichter und Denker, vor Allen Homer
und Platon, treten lebendig und ftrahlend an die Stelle der römifchen
Helden. Die beiden Medici, der alte Cofimo und fein Enkel Lorenzo
Magnifico dürfen das Verdienft für lieh in Anfpruch nehmen, diefen
Umfchwung wefentlich gefördert zu haben. In dem Kreife, der flch
namentlich um Lorenzo zu fammeln pliegte und feine berühmten Zu-
fammenkünfte in dem Landhaufe der Medici in Careggio hielt, trafen
llCll die geiftvollften und gelehrteften Männer, welche damals Florenz
befafs. Ein Abglanz diefes höchften geiftigen Genufslebens lagert über
allen Schriften, die aus diefen Kreifen hervorgingen, und erfetzt durch
den poetifchen Schimmer, was ihnen etwa an ftrenger Gelehrfamkeit
mangelt. i")
T
Drei Glaubensartikel befchwor vornehmlich die lGemeinde der Plato-
niker: Die Religion und die Philofophie haben ein gemeinfames Ziel und
ein gleiches Wefen; zwifchen Ariftoteles und Platon herrfcht kein feind-
feliger Gegenfatz, die Lehren des erfteren bereiten vielmehr den Weg
zum letzteren; Platon ilt der gröfste Weltweife, der Fürft der Philofophen.
So durfte man einen Augenblick lang die Kluft zwifchen Wiffen und
Glauben überdeckt, die Verföhnung zwifchen Religion und Philofophie
hergeftellt wähnen. Aber nur einen kurzen Augenblick. Noch unter
dem Pontificate Julius" II. in Kreifen, denen auch Raffael nicht fern fiand,
regte {ich ein eifriger Widerfpruch gegen die Lehren der Platoniker,
drangen eifrige Kirchenfreunde auf die Zerftörung des Cultus der Philo-
fophie. Das wichtigfte Zeugnifq diefer Reaction gegen den Humanismus,
Vgl.
Springer,
Die
Schule
V O11
Athen.
Mit Illuflr.
XVien
1833-