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DIE
DECKENBILDER
DER
IN
SIXTINISCHEN
KAPELLE.
laffen. Noch kunftreicher wird in den Lunettenbildern die unmittelbare
Verbindung zwifchen der figürlichen Darftellung und dem räumlichen
Grunde gefchaffen. Die Curve, welche der halbkreisförmige Fenfterbogen
bildet, giebt die Bafls für den Sitz der einzelnen Figuren ab. Diefe felbft
fmd dann auch in freier NVeife Pcets fo angeordnet, dafs fie den Raum
der Lunetten ebenmäfsig füllen und den Eindruck machen, als wären
fxe nur aus Rückficht auf die architektonifchen Linien fo gezeichnet
worden. Sie erfcheinen als die reichfte Belebung des Raumes, offenbaren
damit ihre decorative Natura
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Den letzten äufserPten Ring des Bilderkreifes in der Sixtina bilden
die rein decorativen Figuren. Unter ihnen feffeln die fitzenden nackten
Geftalten auf den Poftamenten zu beiden Seiten der Mittelfelder durch
die Fülle der Charakterifiik und die Formenfchönheit unfere befondere
Aufmerkfamkeit. Ihre materielle Function iPc einfachfter Natur. Sie lind
zu zwei einander zugefellt und halten mit Bändern oder Schnüren zwifchen
iich mächtige Bronzemedaillons, auf welchen, jetzt nicht mehr ganz deut-
lich, (biblifche i) Vorgänge abgebildet waren. (Fig. 57.) Doch nehmen {ie
diefe Aufgabe nicht ernft. Alle {trotzen von jugendlicher Kraft, und diefe
Lebensfülle, die tiberzufchäumen droht, die Bewegung der {tolzen Glieder
zum Genufs erhebt, auszudrücken und zu verkörpern, erfcheint als ihr
wefentlichfter Zweck. Gleich die beiden erften Paare, welche die Schöpfung
des Lichtes einrahmen, tragen fie nicht wahre Prachtkörper zur Schau,
fpricht nicht aus ihnen der helle Jubel urwüchiigen Dafeins? Die Be-
wegung jeder einzelnen Geftalt ift rhythmifch empfunden, die Stellungen
der zufammengehörigen Figuren werden durch anmuthigen Contraft
gehoben.
Hier hat im Uebermuth des Lebensgenuffes der eine Jüngling ein
Bein unterfchlagen, einen Arm um den Kopf gelegt und {treckt fo den
Körper behaglich aus. Der ihm gegenüberfitzt, neigt den Oberleib nach
vorn und wendet das Gelicht rückwärts. Ganz andere, theilweife ent-
gegengefetzte Muskeln werden in das Spiel gebracht. Dort (auf der
andern Seite) hält der Eine die Beine auseinander und greift mit einem
Arme nach rückwärts, fein Gegenmann fchiebt das eine Bein unter das
andere und läfst die Arme in zuwartender Stellung linken nebenbei
gefagt eine der fchönften, vielfach an den Adam erinnernde Figur der
ganzen Reihe.
Von nahezu bacchantifcher Fröhlichkeit ergriffen ftellt {ich im nächften