MICHELANGELUS FLUCHT NACH FLORENZ. 149
in Rom, fo würde eher noch mein Grab fertig, als das des Papftesß
Die Flucht Michelangelds fand am I7. April ftatt; am folgenden Morgen,
am Sonnabend in albis, wurde vom Papfte der Grundftein zur neuen
Peterskirche gelegt.
Die andere Urfacher des Wegganges, welche Michelangelo geheim-
nifsvoll andeutet, ift bis jetzt nicht aufgeklärt worden. Seine Freunde
in Rom waren jedenfalls der Meinung, dafs kein ernftes Hindernifs feiner
Rückkehr entgegenftehe, und bemühten flch, ihn dazu zu bewegen und
die zwifchen dem Papfte und ihm herrfchende Spannung zu befeitigen.
Allen voran Giuliano da San Gallo, der zur Berufung Michelangelds
Anlafs gegeben? hatte und jetzt, durch Bramante einigermafsen zurück-
gedrängt, den Gegnern des Letzteren natürlich zuneigte. Er fchrieb an
Michelangelo, fchilderte den Zorn des Papftes aber auch deffen Will-
fährigkeit, die alten Verabredungen gelten zu laffen, und mahnte zur
Rückkehr. Giuliands Verhandlungen fchienen vom befien Erfolg gekrönt.
Der Fqpft felbft kündigte im Beifein Bramantes und des Maurermeifters
Pietro Rofetti, eines Michelangelo nahe befreundeten Mannes, die Abreife
Giuliands nach Florenz an, um den Flüchtling zurückzuholen. Bramante
fchüttelte zwar den Kopf: xMichelangelo, heiliger Vater, wird nicht
zurückkehren. Ich kenne ihn gut genug. Er hat mir oft gefagt, dafs
61' mit der Kapelle nichts zu thun haben wolle, und dafs Ihr ihn gerade
dort zu befchäftigen gefonnen feid. Er aber wolle Euch bei dem Grab-
Clcnkmale dienen und nicht in der Malerei. Ich glaube, heiliger Vater,
er hat keinen Muth, denn er hat noch nicht viele Figuren gemalt und
befonders Figuren an der Decke und in der Verkürzung. Das ift aber
ein ganz anderes Ding als die Malerei an der ebenen Wandß Rofetti
aber, der über diefe Unterredung ausführlich an Michelangelo (I0. Mai)
berichtete, braufte auf und gab fein Wort, dafs derfelbe gewifs, fobald
ES dem Papft gefalle, zurückkehren Werde.
Diefen Verücherungen zum Trotze blieb aber dennoch Michelangelo
noch längere Zeit in Florenz, und zwar, wenn Giufii das Sonett des
Künfilerst vSignor, se vero e alcun proverbio anticor richtig datirt und Anm.
adreffirt, in ziemlich ärgerlicher Stimmung. Er wirft dem Papfte vor,
dafs Schwätzer fein: Ohr gewonnen haben und die da leere Worte
drefchen von ihm belohnt würden. Die Arbeiten am Grabdenkmale
hätte Michelangelo bald wieder gern begonnen, aber nicht in Rom, fondern
iLFlorenz, wo nach feiner Meinung das Werk fich wohlfeiler und ohne
üöffrnde Zwifchenfalle vollenden liefs. Doch darauf ging der Papft nicht
ein, beftand vielmehr auf der Rückkehr nach Rom. Der Gonfaloniere
V0n Florenz, Pier Soderini, dem Michelangelo wohlgewogen, war der