MICHELANGELUS
BERUF UNG
NACH
ROM.
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in Sta. Maria del popolo mit prächtigen, noch heute trefflich erhaltenen
und wegen der fchönen Raumgliederung bewunderten Fresken. Von allen
Künftlern ftand ihm aber der tlorentiner Architekt Qiuliano da San
Gallo am nächften. Nach feinem Rathe ordnete der Cardinal die meiften
Bauwerke an, wie das Caftell von Oftia und einen Palaft in" der Geburts-
ftadt der Rovere, in Savona; feine perfönliche Begleitung forderte er, als er
{ich 1494 den Nachftellungen Alexanders" VI. durch die Flucht nach Frank-
reich entzog. Giuliano da San Gallo war es auch, welcher die Berufung
Michelangelds nach Rom vermittelte. So nehmen wir an auf Grund eines
unverdächtigen Zeugniffes des Sohnes Giuliands, Francesco da San Gallo.
Michelangelo felbft hat fich wiederholt in feinen Briefen, aber erft
in fpäterem Alter über feine Beziehungen zu Julius II., wann und wozu Anm.
er berufen wurde, geäufsert. Die Erinnerung an längft vergangene
Ereigniffe war natürlich nicht mehr fo feft und flcher, dafs nicht kleine
Widerfprüche und Vergefslichkeiten in die verfchiedenen Berichte flch
einfchlichen. Doch herrfcht über die wefentlichen Thatfachen und Um-
ftände kein Zweifel. Der Vorgang war folgender: Im zweiten Regierungs-
jahre ]ulius' II., nach genauer, auf Michelangelds Mittheilungen ruhender
Berechnung im lNIarz 1505 empfing der Meifter, der eben den Schlacht-
carton vollendet hatte, durch die Vermittlung Giuliands da San Gallo
den Ruf nach Rom. Beinahe gleichzeitig mit ihm wanderte auch Andrea
Sanfavino, nächft Michelangelo der glänzendfte Vertreter der Renaiffance-
plaftik, nach Rom; diefem war die Aufgabe vorbehalten, in der Kirche
Sta. Maria del popolo dem Cardinal Ascanio Maria Sforza (und fpäter
deni Cardinal Girolamo Baffo della Rovere) ein Grabmonument zu
meifseln, Michelangelo aber follte für den Papft felbil noch bei Lebzeiten
desfelben ein? Grabmal entwerfen. Auch diefe BePcellilng erfolgte auf
den Rath Giuliands da San Gallo. Mit itaunenswerther Rafchheit voll-
endete Michelangelo den Plan und gewann dafür die Zuftimmung des
Papftes. Denn fchon im April I 505 fehen wir ihn in den Marmorbrüchen
von Carrara mit Steinmetzen und Fuhrleuten verhandeln. Die gewaltige
Maffe des nöthigen Materials mufste hier ausgegraben und aus dem
Rohen behauen, dann aber auf Barken nach Rom verfrachtet werden.
Die Contracte, vom I2. November und I0. December datirt, haben flch
erhalten. Ihr Inhalt beweiit die fcharfe Umficht, aber auch die Vor-
Der Brief F rancescds ifl bei Fea,
Miscellanea I 329 abgedruckt, von
Reumont (Gefch. d. St. Rom III b.
395) überfetzt.
Springer, Raffael und Michelängälo. 1.
Milanefl p. 630.
Ragionamento ftorico
gite che fece M. B. a
1875.
Vgl. Frediani,
su le diverse
Carrara. Siena