Volltext: Bis zum Tode Julius II. (Bd. 1)

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ROM 
UNTER 
JULIUS 
Vorgänger; die Erweiterung der Grenzen, die Eroberung und Einver- 
leibung kleinerer, gut gelegener Gebiete, die Erhöhung der fouveränen 
Macht waren auch feine Ziele. Er hielt {ich aber frei von gemeiner Selbfi- 
fucht und gewöhnlichen Antrieben und brachte dadurch in fein ganzes Thun 
einen grofsen Zug. Als den Gründer des Kirchenftaates betrachtet ihn 
der politifche Gefchichtfchreiber, als den wahren Papft der Renaiffance 
preift ihn der Kunfthiftoriker und giebt ihm zugleich den Ruhmestitel 
zurück, welchen unbilliger Weife fein Nachfolger Leo X. an {ich geriffen 
hatte. Das Zeitalter Julius" II. ift das Heldenalter der italienifchen Kunft. 
Raffzielfs Hand hat uns das Bild ]ulius' II, bewahrt. (Fig. 48.) Das 
Porträtxftammt zwar erft aus den letzten Lebensjahren des Papltes, als 
ihn Krankheiten und Unglücksfälle fchwer heimgefucht hatten, doch 
durchaus nicht gebrochen, kaum gebeugt. So wie er dafitzt, die Arme 
leicht auf die Lehnen des Stuhles geftützt, das tiefliegende Auge fcharf 
prüfend auf den Befchauer gerichtet, mit feftgefchloffenen Lippen, grofser 
kräftiger Nafe, mächtigem, bisan die Bruft reichendem weifsen Barte, 
ruft Der die Befchreibungen der Zeitgenoffen lebendig in die Erinnerung. 
Ein gar gewaltiger Herr, unabläffig thätig und mit grofsen Plänen 
befchäftigit, auf den Niemand Einflufs gewinnen kann, der dagegen Alle 
beherrfcht. Er hört wohl die Meinung Anderer an, entfcheidet aber 
nach feinem Gutdünken, nach feiner Einficht. Alles an ihm überfchreitet 
das gewöhnliche Maafs, feine Leidenfchaften wie feine Entwürfe. Sein 
Ungeftüm, fein Jähzorn verletzten feine Umgebung, doch weckte er nicht 
Hafs, nur Furcht, denn nichts Kleines, gemein Selbftfüchtiges war an 
ihm zu bemerken. Ebenfo erregten feine Pläne wohl Staunen, aber nicht 
Unglauben, denn Weit entfernt von phantaftifchen Träumen, hielt er ftets 
für die Erfüllung feines Willens reiche Mittel bereit. Er hatte in jungen 
Jahren und vielleicht auch noch in den fpäteren das Leben vollauf 
genoffen, doch fich keineswegs in eitlem Vergnügen verloren oder die Be- 
friedigung perfönlicher Luft als Hauptziel des Dafeins erkannt. Dem 
Lebensgenufs ging reife_Lebenserfahrung zur Seite. Niedrigen Eltern 
entfproffen, in Savona 1443 geboren, für den Stand der Bettelmönche 
beftimmt, dankte er alles Glück feinem Oheim, dem nachmaligen Papfte 
Sixtus IV. Diefer häufte auf den Nepoten Würden, Aemter und Reich- 
thümer. Der Cardinal von San Pietro in Vincoli, Giuliano della Rovere, 
 mit 28 Jahren empfing er den Purpur  gehörte, fo lange Sixtus IV. 
lebte, zu den mächtigften und angefehenften Kirchenfürften.  
Als Nepote erfuhr er natürlich nach dem Tode des Oheims den 
Hafs und den Neid des folgenden Papftes im höchften Maafse. Den Nach- 
Prellungen Alexander's VI. entging er nur durch die Flucht, die ihn nach
	        
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