138 IV. ROM UNTER
JULIUS
dem päpftlichen Throne, den Magiiter Thomas Parentucelli aus Sarzana
unter dem Namen Nicolaus V. wNachdem das Jubiläum 1450 unermefs-
liche_Goldmaffen dem päpltlichen Schatze zugeführt hatte, begann der Papft
zu und griechifche und lateinifche Bücher zu kaufenr, erzählt fein
Biograph Vespaflano. Hflmer war der unbekannte Gott, den man im
Vatican am höchften verehrte, Cicero der einflufsreichfte Heilige. Der
ganze naive Enthufiasmus der Frührenaiffance, welche fo ehrlich und wahr-
haftig an die Wiedergeburt der Antike glaubte, wie die alten Chriften
an das taufendjährige Reich, und der Phantafie unter den wirklichen
Lebensmächten das vornehmfte Recht einräumte, fpiegelt {ich in den Ge-
danken, Wünfchen und Plänen Nicolaus' V. wieder. Namentlich die Schil-
derung feiner Bauentwürfe hört fich an wie ein Capitel aus Leo Battiita
Albertfs Buch über die Architektur, welches er in Marmor übertragen wollte.
Eine ideale Refidenz lag in feinem Sinne, die fich an den Neubau der
Peterskirche anfchliefsen und in einem grofsartigen Palafte gipfeln follte.
Drei Strafsen, von Kauf hallen und Loggien eingefaumt, führten nach dem
Plane zur Vaticanifchen Bafilica, über den Hallen befanden fich die W oh-
nungen der Curialen, nach allen Regeln der Schönheit, nach allen Gefetzen
der Gefundheitslehre errichtet. Der Palaft felbft umfafst Gärten und Hallen,
Kapellen und Bibliotheken, einen Krönungsfaal und fogar ein befonders
gelegenes Conclave für die Papft wahl. Die luftige Phantafle hatte an
diefen Plänen den gröfsten Antheil, fie blieben auch blofse "Ilraumgebilde.
Nurder Entfchlufs eines Umbaues der Peterskirche, für die gelockerte Macht
der heiligen Traditionen fo bezeichnend, erwies fich keimfahig und fchlug
nach Zwei Menfchenaltern im Boden der Wirklichkeit lebendige Wurzeln.
Zur Hingabe der Italiener an die Antike, zur Begeifterung für das
Heldenalter der Nation gefellt fich ein anderer Zug, welcher der allge-
meinen Entwickelung entfpricht, in Italien aber fofort ein befonderes
Gepräge empfangt. Ueberall im fünfzehnten Jahrhundert begegnen wir
dem Streben, dgimStaat, der immer mehr als Selbftzweck betrachtet
wurde, mit gröfseren Rechten auszuftatten, die Landesgrenzen zu erwei-
tern, die fürftliche Macht zu vermehren. Auch Italiens politifches Schickfal
trat um diefe Zeit in eine entfcheidende Wendung. Die kleinen Stadt-
republiken, die winzigen Tyrannenherrfchaften verfchwanden; gröfsere
Gebiete wurden, gewöhnlich gewaltfam, zu einer ftaatlichen Einheit ver-
bunden und erhielten fich felbft wieder nur durch die Eiferfucht der
anderen auf gleiche Weife gebildeten Staaten. Ein Syftem künftlichen
Gleichgewichtes wurde die Grundlage des nationalen Friedens. Wie
ifchwierig mufste es da erfcheinen, das Papftthum einzuordnen und dem
Oberhaupte der Kirche die fürftliche Stellung, welche dem xKnechte