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III.
DIE
MADONNEN
RAFFAEDS.
Das Datum auf der Grablegung, 1507, verbunden mit VafarYs An-
gabe, dafs Raffael das Bild in Perugia felbft gemalt habe, find für längere
Zeit die letzte überlieferte Nachricht über das äufsere Leben des Künftlers.
Wir find überzeugt, dafs er nach Vollendung des Werkes wieder nach
Florenz zurückkehrte. Denn der Einflufs Fra Bartolommeds, doch nur
in Florenz felbft lebendig, offenbart {ich am {tärkften in äildern, deren
Entftehung auf die Grablegung folgte, wie z. B. in der Madonna del Bal-
dacchino. Wir fchliefsen diefes auch aus einigen Zeilen, Welche Raffael
an den Maler Domenico Alfani in Perugia in Begleitung einer Zeichnung
(Mufeum Wicar in Lille) richtete. Er bittet ihn um die Zufendung von
Verfen und einer Predigt und erinnert daran, dafs Madonna Atalante
doch um Geld gemahnt werde. Atalante fchuldete aller Wahrfchein-
lichkeit nach theilweife den Lohn für das Bild der Grablegung, welchen
nun der Künftler nachgefendet wünfchte. Von Raffaefs Aufenthalt in
Florenz bringt auch ein Brief Kunde, welchen er an feinen Oheim Ciarla
in Urbino gerichtet hatte. Er ift im April 1508 gefchrieben und zu
9. wiederholten Malen abgedruckt und überfetzt worden. Das Original foll
{ich in Rom in der Bibliothek der Propaganda befinden. Darin ift nun
von kleineren Bildern, die er gemalt, von Beftellungen, auf Welche er
hofft, doch ohne alle nähere Angabe der Gegenftände, die Rede. Aufser-
dem erwartet Raffael nicht geringe Förderung von einem Empfehlungs-
fchreiben an den Gonfaloniere von Florenz, Pietro Soderini, welcher die
Malerei in einer gewiffen Stube zu verdingen habe (vper Yinteresse de
una certa stanza da lavorare, la quale tocha a sua Signoria de alocarei).
Offenbar ift der noch lange nicht vollendete Bilderfchmuck in den ver-
fchiedenen Sälen des Palazzo vecchio gemeint, über welchen die Ent-
fcheidung dem Gonfaloniere zuftand. Noch einige Jahre fpäter follte ein
Bild für den Altar im grofsen Rathsfaale bei F ra Bartolommeo befiellt
werden. Zu einer Thätigkeit im Palazzo kam es nicht. Im Herbfte 1508
befand fich Raffael bereits in Rom. Schwerlich ahnte er die Triumphe,
die feiner in der neuen Heimath harrten; gewifs wandte er ohne grofsen
Schmerz Florenz den Rücken, das es nicht mehr verftand, die Künftler
an fich zu feffeln, und unthätig zufehen mufste, wie gerade die gröfsten
derfelben durch ihren Stern von der alten Hauptftadt italienifcher Kunlt
weggewiefen wurden. Michelangelo und Leonardo hatten fchon früher
Florenz verlaffen, jetzt folgte ihnen auch Raffael.