DIE
CATHARINA.
PORTRZETE.
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Periode führt uns die bis zum Knie fichtbare Geftalt derli; Catharina
in der Londoner Nationalgalerie, von welcher die Louvrefammlung den
Carton bewahrt?) Ihre Linke fafst den Mantel zufammen und ruht
zugleich auf dem Marterwerkzeuge, dem Rade, die rechte Hand prefst
fle zur Bekräftigung ihres Bekenntniffes an die Bruft und hebt Antlitz
und Auge gottbegeiftert zum Himmel empor. Ein unübertreffliches Bild
der jungfräulichen Glaubensheldin von bezauberndem Liebreiz hat hier
Raffael gefchaffen, nach der zarten Zeichnung des Cartons, nach der
ganz leichten Färbung des Gemäldes möchte man fagen, wie durch
einen göttlichen Hauch verkörpert. Doch hat er {ich von dem Madonnen-
typus kaum merklich entfernt, in dem Werke keine neue Wendung im
Entwicklungsgange betreten.
Eine gröfsere Bedeutung befitzen die Porträts aus der ilorentiner
Zeit. Sie können {ich freilich mit den grofsen Charakterbildern der
römifchen Periode nicht meffen, fle zeigen uns aber vielleicht noch
deutlicher als die religiöfen Darftelltlngen den Einflufs Leonardds auf
den jugendlichen Künftler. Ohne die Gioconda keine Maddalena Doni.
Wo ihm das Vorbild Leonardos fehlte, wo er auf die eigene im Porträt-
fach noch ganz ungefchulte Kraft fich verlaffen mufste, da ift die Sicher-
heit und Lebendigkeit der Auffafftmg viel geringer. Das Bildnifs {ägrnolo
Doni's, des Gatten der Maddalena, (Pitti-Galerie) fällt nicht allein durch
den ungewöhnlichen röthlichen Farbenton auf, fondern auch durch das
Gezwunigene, wie Abfichtliche der Stellung. Maddalena Doni dagegen
gewinnt die fGunft des Befchauers, obfchon fle die Natur keineswegs mit
Reizen reich ausgeltattet hat, und der Künftler nichts that, den Beifall
des Betrachtenden herauszufordern. In der xdenkbar einfachften Stellung
tritt fie diefem entgegen. Der Kopf iPc faft geradeaus gewendet, das
äaar kunltlos in ein? Netz gedeckt, die Hände ruhen, übereinander gelegt,
auf dem Leibe. Diefe Handlage ift Leonardo nachgeahmt, wie überhaupt
die ganze Haltung des Kopfes, die Anordnung des Schmuckes an den
lombardifchen Meifter erinnert, der allen Zeitgenoffen das Concept ver-
rückte und fie an feine Fufstapfen bannte. Diefe Anklänge ünden fich
nicht allein in dem Porträt der Maddalena Doni. Sie werden bereits in
der Federzeichnung im Louvre (Br. 2 5 5), welche offenbar als Porträt-
ftudier diente, entdeckt und kommen auch in den beiden Frauenbildniffen
Stich von Desnoyers.
Chatsworth. Br. 88.
im Louvre,
Carton
2433
Skizze
in
Oxford,