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DIE
MADONNEN
RAFFAEDS.
kleine Bild des heiligen Michael, auf ein Damenbrett gemalt, _im
Louvre anfetzen." Der geliügelte Erzengel, behelmt, in goldener Rüftung,
hält in der Linken ein blankes, mit einem rothen Kreuze gefchmücktes
Schild und fchwingt mit der Rechten ein Schwert, um den Drachen,
deffen Schwanz um fein Bein {ich ringelt, zu tödten. Allerhand Ungethüm,
von Schlangen umwundene Menfchen u. s. w. zeigen sich rechts im
Vordergrunde, während im Hintergrunde links eine brennende Stadt
dargeüellt iß. Das Gemälde gilt als Gegenftück zum heil. Georg,
gleichfalls im Louvrem), mit welchem es in der That inideniMaafsen
beinahe vollftändig übereinftimmt, und foll, wie diefes, im Auftrage des
Herzogs von Urbino von Raffael gemalt worden fein. Für die letztere
Behauptung fehlt jeder Grund. Technifch haben beide Bilder nicht die
geringfte Verwandtfchaft. Die dünnüüfflge Färbung" im heiligen Michael
{teht im Gegenfatz zu dem emailartigen Auftrage im heil. Georg; der
fchwereTon, die {charfen Contraße in der Beleuchtung, kehren in keinem
einzigen jugendwerke Raffaels wieder, mit deffen Gefuhlsweife überhaupt
die ganze Darßellting fchlecht übereinftimmt. Sollen beide Bilder von
einer Hand herrühren, {o müffen {ie wenigftens in der Zeit weiter aus-
einander gehalten werden. Den heil. Georg malte Raffael noch einmal
als Dank des Herzogs Guidobaldo für den ihm verliehenen Hofenband-
orden. Baldaffare Caüiglione ging im Sommer 1506 als Gefandter nach
London, um König Heinrich VII. die Gefchenke des Herzogs zu über-
reichen. In diefe Zeit fällt demnach das Bild des heil. Georg, welches
{ich gegenwärtig in Petersburg befindet. am) Während auf dem älteren
Gemälde der heil. Georg auf einem weifsen fchweren Schlachtroffe nach
vorn fprengt und nachdem die Lanze an dem Drachenleibe zerbrach,
mit dem kurzen Schwerte den Gegner bedroht, {türmt er auf dem Peters-
burger Bilde aus dem Vordergrunde nach hinten und rennt das Ungeheuer
mit der Lanze an. (Fig.43.) Nicht blos die Zeichnung des Pferdes, welches
auf dem Bruitriemen den Namen RAPHAELLO. V. trägt, fondern auch die
Compofition der Landfchaft offenbaren den Umschwung, welchen Raffaefs
in Florenz genommen hat. Man möchte sogar den Einfluss eines
befiimmten {lorentiner Werkes, des Reliefs von Donatello am Sockel der
bekannten Georgftatue, vermuthen. Noch unter umbrifcher Einwirkung
fmd der kleine heil. Sebaftian in der Galerie zu Bergamo, im Diakonen-
gewande mit der Palme in der Hand, und das Bruübild des dorngekrönten
Chriitus (Pax vobis) in Brescia entftanden. In die fpätere {iorentiner
k)
P1134)
Zeichnung in Florenz, Br. 507.
Stich von L. V oriiermann. Skizze
in
in
Florenz ,
Oxford.
Br.
Rob.
506a
ss-
mit
Varianten