Volltext: Bis zum Tode Julius II. (Bd. 1)

IIO 
DIE 
MADONNEN 
RAFFAEDS. 
vor Allem hebt ilCh die vbelle jardinierea von der fonfl vielfach verwandten 
Wiener Madonna im Grünen ab; das Bild enthüllt, mit diefer verglichen, 
eine leife Steigerung des religiöfen Tones, ohne aber in die ältere Rich- 
tung zurüickzufallen. Nachdem die erften ftarken Eindrücke der Horen- 
tiner KunPc üch beruhigt hatten, kam die ideale Natur der Madonnen- 
bilder wieder zu ihrem Rechte; die'"natürliche Frifche, die unmittelbare 
Lebensfülle der Darßelhlng wurden feftgehalten, aber nicht mehr mit 
befonderer Stärke betont. Sie find die felbftverftändliche Grundlage, 
auf welcher {ich das neue Ideal aufbaut. Daher benützt auch Raffael 
einzelne Züge, die fo recht Horentiner Errungenfchaften iind, auch auf 
Bildern mehr idealen Charakters; fo läfst er z. B. in der abelle jardinierea 
den Fufs des Chriftkindes auf dem Fufse der Madonna ruhen, gerade 
wie in der Madonna del Cardellino, mit Welcher übrigens, ein will- 
kommenes Zeugnifs für den gleichen Ausgangspunkt beider Werke, der Ent- 
Wurf eine viel engere Verwandtfchaft befitzt als das ausgeführte Gemälde. 
Stilles Mutterglück zu fchildern, Scenen heiteren Familiendafeins in 
Gemälden wiederzufpiegeln, bildete offenbar für Raffael eine Quelle un- 
erfchöpflicher Luft. Er ift Weit davon entfernt, in den drei Gemälden 
in Wien, Florenz und Paris den Gegenfiand abzufchliefsen. Das Thema 
erfcheint ihm noch mancherlei Modulationen fahig. Die Madonna zwar 
läfst keine Wefentliche Aenderung in Stimmung und Bewegung zu. 
Zärtlich blickt fle auf das fpielende Kind herab, leife berührt fie feinen 
Leib, unvermerkt hält {ie den Knaben feft, mütterliche Liebe und Sorg- 
falt. in ihren Geberden verbindend. Die Stellung des Chriftkindes kann 
aber wechfeln, der Bezug zum Spielgenoffen in verfchiedener Weife {ich 
äufsern. Zu der engeren Gruppe treten noch andere Perfonen, wie 
Jofephus, Elifabeth hinzu und nehmen an dem fröhlich-friedlichen 
Familienleben Theil. Als Beifpiel, welche Fruchtbarkeit Raffaefs Phantafie 
in folchen Schilderungen entfaltete, mag zunachPc die (unvollendete) 
Efterhazy-Madonna in der ungarifchen Bildergalerie zu Peft dienenfi) 
Das Chriftkind fitzt auf einem bemooften Steine und wird von der knieen- 
den Madonna mit beiden Armen geftützt. Mutter und Kind wenden 
Kopf und Blick dem kleinen Johannes zu, welcher {ich zu Füfsen der 
Madonna auf ein Knie niedergelaffen hat und eine Schriftrolle in der 
Rechten hält, von derfelben die Worte: Ecce agnus Dei ablefend. Wahr- 
fcheinlich hat Raffael diefes Motiv erft nachträglich verwerthet, urfprünglich 
dem Johannes irgend ein Spielzeug, ein Thier in die Hände gegeben 
(vgl. die Zeichnung in Florenz, Br. 515), nach welchem das Chriftkind 
Stich 
VOII 
Leybold. 
Skizze 
Florenz. 
509.
	        
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