Das
YVesen
des
Dichters.
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eine poetische Reaktion. So war es, als die sämt-
lichen Gedichte des Hafis in Hammers Übersetzung
erschienenÄ) „Ich mufste mich dagegen produktiv ver-
halten, weil ich sonst vor der mächtigen Erscheinung
nicht hätte bestehen können... Alles, was dem Stoff
und dem Sinne nach bei mir Ähnliches verwahrt und
gehegt worden, that sich hervor, und dies mit umsomehr
Heftigkeit, als ich höchst nötig fühlte, mich aus der
wirklichen Welt in eine ideelle zu Hüchten, an welcher
vergnüglichen Teil zu nehmen meiner Lust, Fähigkeit
und Willen überlassen war."
Ganz ebenso antwortete er auch auf grofse religiöse
Fragen als Dichter, nicht um seine Meinung hinaus-
zusenden, sondern weil der Dichter nicht umhin kann,
das poetisch zu gestalten, was ihn im Innersten bewegt.
Goethe sagte sich als Jüngling von der herrenhutischen
Frömmigkeit los, die ihn eine kurze Zeit beherrschte;
er bildete sich ein Christentum zum Privatgebrauch
und studierte eifrig, um es durch die Geschichte und
durch Beobachtung seiner Umgebung zu stützen. "Weil
nun aber alles, was ich mit Liebe in mich aufnahm,
sich sogleich zu einer dichterischen Form anlegte, so
ergriff ich den wunderlichen Einfall, die Geschichte des
ewigen Juden, die sich schon früh durch die Volks-
bücher bei mir eingedrückt hatte, episch zu behandeln,
um an diesem Leitfaden die hervorstehenden Punkte
der Religions- und Kirchengeschichte nach Befinden
darzustellen." Der Plan blieb liegen, aber noch ein
zweites Mal führte ihn religiöse Opposition auf dieses
Vorhaben.
Annalen
1815