88
Goethes
jÄsthetik.
quälenden und belehrenden Bufse", die uns als das.
kleine Stück ,Die Laune des Ver1iebten' übrig geblieben
ist. Von der Zeit, wo der Schmerz um Friederike
Brion ihn durchwühlte, schreibt erl): "Ich setzte die-
hergebrachte poetische Beichte wieder fort, um durch
diese selbstquälerische Büfsung einer innern Absolution
würdig zu werden." Und „ich fühlte mich wie nach
einer Generalbeichte wieder froh und frei und zu einem
neuen Leben berechtigt", erzählt er von den Tagen,
da der ,Werther', den er "ziemlich unbewufst, einem
Nachtwandler ähnlich", niedergeschrieben hatte, vor ihm
lag?) Und er fügt hinzu, sein altes Hausmittel, die
Wirklichkeit in Poesie zu verwandeln, sei ihm diesmal
vortrefflich zu statten gekommen. An diese Zeit mag
er auch gedacht haben, als er später bekannteii):
"Meine Dichterglut war sehr gering,
S0 lang ich dem Guten entgegenging;
Dagegen brannte sie lichterloh,
Wenn ich vor drohendem Ubel floh,"
Schwächer als eigene Erlebnisse, aber immer noch
überaus kräftig wirkten manche historische Berichte,
Sagen und Erzählungen aus dem bürgerlichen Leben
auf ihn ein; sein ,Götz' und ,Clavigo' sind erste Bei-
spiele. „Die Lebensbeschreibung des Erster-n hatte
mich im Innersten ergriffen," erzählt er selbst, "die
Gestalt eines rohen, wohlmeinenden Selbsthelfers in
wilder anarchischer Zeit erregte meinen tiefsten Anteilf")
Aber auch fremde Kunstwerke verlangten oft von ihm
1) Aus meinem Leben III, I2. ü)
III, I3 3) Gedichte. Sprichwörtlich.
Leben II, 10.
Aus meinem Leben
4) Aus meinem