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Goethes
rtik.
Ästh(
Gaste zu gefallen schien, weiter auszuführen, oder was
derselbe mifsbilligte, zu bedingen, naher zu bestimmen,
und gab auch wohl zuletzt seine These gefällig auf.
Das Wunderlichste war dabei, dafs er niemals Personen
seiner näheren Bekanntschaft wählte, sondern solche,
die er nur selten sah, ja mehrere, die weit in der Welt
entfernt lebten Höchst wunderbar würde es manchen
vorgekommen sein, wenn sie hätten erfahren können,
wie oft sie zu dieser ideellen Unterhaltung berufen
worden, da sich manche zu einer wirklichen wohl
schwerlich eingefunden hätten." Von solchen phan-
tastischen Gesprächen zu dem Briefwechsel ,Die Leiden
des jungen Werthers" war dann nur ein kleiner Schritt.
Der wahre Dichter mufs dichten, aber warum mufs
er es? Weil er sonst den Eindrücken unterliegen würde.
Seine Empfänglichkeit und Empfindlichkeit sind so grofs,
dafs er das, was zruf seine Seele eindringt, zurückgeben,
reproduzieren mufs. Gegen das Herrliche, Rührende,
Erhabene haben wir alle keine andere Verteidigung als
dafs wir es lieben oder bewundern; etwas Ähnliches
wie Lieben und Bewundern ist das Dichten. Der Dichter
ist ein besonders sensitiver, nicht selten ein nervöser
Mensch. Selbst vom gefeierten Dichter gilt es:
"Der Lorbecrkranz ist,
Ein Zeichen mehr des
wo er mir erscheint,
Leidens als des Glückes.
Eckermann drückte einmal seine Verwunderung ausf)
dafs man bei ausgezeichneten Talenten, besonders bei
Poeten, so häufig eine schwächliche Konstitution finde.
Tasso
111,
Dczcml
1829-