Wesen
Das
des
Dichters.
77
wenn sie recht wären; dann müfste er sie aber auch gleich
aufschreiben, sonst linde er sie nie wieder; darum hüte
er sich, auf den Spaziergängen etwas auszndenken.
Es sei ein Unglück, wenn er es nicht ganz im Gedächtnis
behalte; sobald er sich besinnen miifste, würde es nicht
wieder gut, auch ändere er selten etwas. Ebenso sei
es ein Unglück, wenn er Gedichte träume, das seien
meist verlorene. Ein italienischer Poet habe sich
aus diesem Grunde ein ledernes liVains machen lassen,
worauf er im Bett habe schreiben können.
Solches unbewufste Schaffen war nach Goethes Urteil
Kennzeichen des wahren Künstlers. "Vom eigentlich
Produktiwren ist niemand Herr, und sie müssen es alle
nur so gewähren lassen," sagt er in seinen ,Maximen
und Rellexioneni, und in den ,Zalnnen Xenienü
„All unser redlichstes Bcmülfn
Glückt nur im unbewufsten Momente
YVie möchte denn die Rose bliilfn,
XVenn sie der Sonne Herrlichkeit crkenntc
Und
ebenda
heifst
ES
weiter
das ist das rechte
Dafs man nicht wcifs,
Gleis,
s
IIHlI)
Was
denkt,
Wenn man denkt;
Alles ist als wie geschenkt.
Goethe wufste wohl, Clafs nicht alle Dichter so
traumhaft, so nachtwandlerisch schaffen, wie er es oft
that; namentlich an seinem grofsen Freunde bemerkte
er zu seinem Erstaunen eine ganz andere Art. "Es
war nicht Schillers Sache, mit einer gewissen Bewufst-
losigkeit und gleichsam instinktmälsig zu verfahren,