Göttin
XVahrh eit.
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ausgehen. Wohl konnte Goethe die Wahrhaftigkeit
seines Dichtens am Ende seines Lebens rühmenzl)
"Ich habe in meiner Poesie nie affektiert. Was ich
nicht lebte und was mir nicht auf die Nägel brannte
und zu schaffen machte, habe ich auch nicht gedichtet
und ausgesprochen. Liebesgedichte habe ich nur ge-
macht, wenn ich liebte."
Und so weit ging dieses Verhältnis zwischen seinem
Leben und seinem Dichten, dal's er im Scherz einmal
den Freunden schreiben konnte?)
„Wenn es mit Fertigung meiner Schriften unter
gleichen Konstellationen fortgeht, so mufs ich mich im
Laufe dieses Jahres in eine Prinzessin verlieben, um
den ffasso", ich mufs mich dem Teufel ergeben, um
den ,Faust' schreiben zu können, ob ich in mir gleich
zu beiden wenig Lust fühle. Denn bisher ist's so
gegangen."
Das, was er niederschrieb, quoll aus seinem Innersten,
und die Gestalten, die seine Phantasie mit Leben be-
gabten, standen ihm nahe wie leibliche Kinder. Er
lachte und weinte mit ihnen.
Das Gretchen-Drama zeigt, dal's er alle Gaben zum
tragischen Dichter hatte. Aber so stark War der Anteil
seines Gelnüts an dem, was er schuf, dal's er nur ganz
selten sich auf dieses Gebiet wagte. Als Schiller
schrieb, dafs ihn die Arbeit am [Wallensteiw sehr an-
greife, antwortete er:3) "Ohne ein lebhaftes pathologisches
1) Eckermann,
Januar 1788.
März I 8 30.
An Schiller,
2) Ital.
Dezember
Reise,
1797-
Rom,