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Wahrheit.
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Hinsicht wohlthun kann, vielmehr auf den Menschen,
der sich damit befafst, einen nachteiligen Einflufs haben
mufs. Denn so etwas steht im Widerspruch mit dem
lebendigen Tage, in welchen wir gesetzt sind, und wie
es aus einer leeren und hohlen Gesinnungs- und
Denkungsweise hervorgeht, so wird es darin bestärken.
Es mag wohl Einer an einem lustigen Winterabend als
Türke zur Maskerade gehen, allein was würden wir von
einem Menschen halten, der ein ganzes Iahr sich in
einer solchen Maske zeigen wollte? Wir würden von
ihm denken, dafs er entweder schon verrückt sei, oder
dal's er doch die gröfste Anlage habe, es sehr bald zu-
werden."
Ebenso dachte er über die andere neue Mode, auch
die Häuser in gotischem Stil zu bauen. Er meinte,
"man solle jene altdeutsche Bauart zwar höchlich
schätzen, ihr Andenken erhalten, ihr historische Unter-
suchungen widmen und von ihr, besondersim Technischen,
manches lernen, neue Gebäude jedoch in diesem Ge-
schmack und Stil aufzuführen keineswegs unternehmen." 1)
Zur Liebe des Schlichten, Unverzierten, Wahren
war Goethe schon als junger Student durchgedrungen.
Er nahm in Leipzig bei Oser Malunterricht, und dessen
Räume in der alten Pleifsenburg blieben ihm un vergefslich.
lhr Bewohner war ein abgesagter Feind des Schnörkel-
und Muschelwesens und des ganzen barocken
schmacks; er empfahl seinen Schülern immer wieder
die Einfalt in allem, was Kunst und Handwerk vereint
heivorzubringen berufen sind. So waren denn auch
seine Wohnzimmer und die Kabinette für seine
1) An Baumeister Catel,
10.Mai 1815,
Goethe-Jahrbuch IV,
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