Volltext: Goethes Ästhetik

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Goethes 
Ästhetik. 
höchst bewegten des Laokoon die schönsten Beispiele 
einer symmetrisch künstlichen, den Augen gefiilligen 
Zusammensetzung darzulegen." 
Bedürfnis nach Abwechslung zeigt sich auch auf 
Gebieten, an die wir nicht so schnell denken. An 
einemWintertage 1827 hatte Goethe den Prinzen Wilhelm 
von Preufsen empfangen, in dem" er freilich nicht den 
ersten Kaiser eines neuen deutschen Reiches ahnen 
konnte, und bald vergafs der alte Dichter seinen vor- 
nehmen Gast über der geliebten Farbenlehre.') Er 
gab Eckermann den Paragraphen von den geforderten 
Farben zu lesen, wo gelehrt wird, dafs das Auge das 
Bedürfnis des Wechsels habe, indem es nie gern bei 
clerselbigen Farbe xierweile, sondern sogleich eine andere 
fordere und zwar so lebhaft, dafs es sich solche selbst 
erzeuge, wenn es sie nicht wirklich vorfmde. 
Dieses brachte ein grofses Gesetz zur Sprache, das 
tlurch die ganze Natur geht und worauf alles Leben 
und alle Freude des Lebens beruht. „Es ist dieses," 
sagte Goethe, "nicht allein mit allen andern Sinnen so, 
sondern auch mit unserm höhern geistigen Wesen; aber 
weil das Auge ein so vorzüglicher Sinn ist, so tritt 
dieses Gesetz des geforderten Wechsels so auffallend 
bei den Farben hervor und wird uns bei ihnen so vor 
allen deutlich bewufst. Wir haben Tänze, die uns im 
hohen Grade Wohlgefallen, weil Dur und Moll in 
ihnen wechselt, wogegen aber Tänze aus blofsem Dur 
oder blofsem Moll gleich ermüden." 
„Dasselbe Gesetz," sagte Eckermann, "scheint einem 
guten Stil zum Grunde zu liegen, bei welchem wir gern 
Eckcrmann, 
Februar 
1327'
	        
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