32
Goethes
Ästhetik.
übersehen; ich warte ein günstiges Licht ab und nun
soll von dem Naturbaum noch viel auf das Papier
übergegangen sein! Der Laie mag das glauben; der
Künstler, hinter den Kulissen seines Handwerks, sollte
aufgeklärter sein. Gerade das, was ungebildeten Menschen
a1n Kunstwerke als Natur auffällt, das ist nicht Natur
(von aufsen), sondern der Mensch (Natur von innen).
Wir wissen von keiner Welt, als in Bezug auf den
Menschen; wir wollen keine Kunst, als die ein Abdruck
dieses Bezuges istf")
Ein andermal?) (lrückt Goethe die gleiche Grund-
wahrheit so aus:
„Die Kunst übernimmt nicht, mit der Natur in ihrer
Breite und Tiefe zu wetteifern, sie hält sich an die
Oberfläche der natürlichen Erscheinungen; aber sie hat
ihre eigene Tiefe, ihre eigene Gewalt, sie Hxiert die
höchsten Momente dieser oberflächlichen Erscheinungen,
indem sie das Gesetzliche darin anerkennt, die Voll-
kommenheit der zweckmäßigen Proportion, den Gipfel
der Schönheit, die Würde der Bedeutung, die Höhe der
Leidenschaft.
„Die Natur scheint um ihrer selbst willen zu wirken;
der Künstler wirkt als Mensch, um des Menschen willen.
Aus dem, was uns die Natur darbietet, lesen wir uns
im Leben das Wünschenswerte, das Geniefsbare nur
künnnerlich aus; was der Künstler dem Menschen
entgegenbringt, soll alles den Sinnen fasslich und an-
genehm, alles aufreizend und anlockend, alles geniefsbar
und befriedigend, alles für den Geist nährend, bildend
v
Aphorismen.
21
Diderots
Versuch,
KQP-