der Kunst.
Der Nutzen
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Unsere Sinne und unsere Seele werden kräftiger und
reicher, wenn die Künstler zu uns sprechen. Schöne
Landschaften fallen uns in der Natur erst auf, nach-
dem wir sie oft auf gemalten Bildern sahen. Auch
Goethe bemerkte noch 1787 an sich, dafs ihm sein
fleifsiges Kunststudium in Rom die Augen offener für
die Schönheiten der Natur machte. Und Ahnliches
könnten wir auch auf andern Gebieten beobachten.
„Die Künstler sind wie die Sonntagskinder," sagte
Goethe einmal, als er mit Wieland und seinem Kunst-
lehrer Meyer beisammen war ; „nur sie sehen Gespenster;
wenn sie aber ihre Erscheinung erzählt haben, so sieht
sie jedermann." Goethe liebte die Illustrationen zu
Gedichten nicht sonderlich, „es ist so schwer, dafs
etwas geleistet werde, was dem Sinne und dem Tone
nach zu einem Gedichte pafst, Kupfer und Poesie
parodieren sich gewöhnlich wechselsweiseßl) aber er
mufste zugeben, dafs ein grofser Maler nicht selten.
zu einem tieferen Verständnis des poetischen Werkes
hilft, „denn die vollkommenere Einbildungskraft eines
solchen Künstlers zwingt uns, die Situationen so gut
zu denken, wie er sie selber gedacht hat." 2) ja, Goethe
gestand, dafs Delacroix, der Bilder zu seinem ,Faustf
gemalt hat, seine eigene Vorstellung bei manchen
Scenen übertroffen habe.
Der Künstler zeigt uns namentlich auch, wie andere
Menschen leben und leiden. Der Leser lernt vom
Dichter, "wie es Andern ergangen und was auch er vom
Leben zu erwarten habe, und dafs er es mag sich
1) An Cotta,
2) Eckermann,
November 1805, X-Nleim.
November 1826.
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