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Goethes
Ästhetik.
sich selbst gethan. Im April r787 besuchte er in
Palermo das Medaillenkabinett des Prinzen T orremuzza
nur ungern, da er von diesem Fache nichts verstand.
Er erstaunte dort über den ungeahnten Reichtum. 1)
„Welch ein Gewinn, wenn man auch nur vorläufig über-
sieht, wie die alte Welt mit Städten übersät war, deren
kleinste, wo nicht eine ganze Reihe der Kunstgeschichte,
wenigstens doch einige Epochen derselben uns in köst-
lichen Münzen hinterliefs! Aus diesen Schubkasten lacht
uns ein unendlicher Frühling von Blüten und Früchten
der Kunst, eines in höherem Sinne geführten Lebens-
_gewerbes und was nicht alles noch mehr hervor. Der
Glanz der sizilischen Städte, jetzt verdunkelt, glänzt aus
diesen geformten Metallen wieder frisch entgegen."
Es dauerte nicht lange, so konnte auch Goethe auf
seine Münzensammlung stolz sein, und sie war nur eine
von den vielen Sammlungen, die sein Wohnhaus zu
einem Museum werden liefsen. Wie wertvoll solche
Sammlungen für die Bildung nachfolgender Künstler
sind, braucht nicht gesagt zu werden. Man kann die
Geschichte der deutschen Malerei und der deutschen
Baukunst nicht schreiben, ohne der Brüder Boisseree zu
gedenken, die die niederrheinischen Maler des 14., I5. und
16. jahrhunderts der Vergessenheit entrissen und die
Herrlichkeiten des gotischen Banstils, besonders die-
jenigen des unvollendeten Kölner Domes, ihre Zeit-
genossen wieder sehen lehrten. Goethen kam, wenn er
dieses Brüderpaztres dachte, zuweilen jener jüngling
in den Sinn, der am Strande einen Ruderpflock fand und
daran solch Wohlgefallen hatte, dafs er sich zuerst
Itnl.
Reise
April
1787.