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Goethes
Ästhetik.
Präsidenten, nach einer gewissen Epoche der geführten
Verwaltung, ein gleiches Kompliment schuldig. „An
gröfseren Orten, sowie selbst an kleinern, giebt es Klubs,
die ihren bedeutenden Mitgliedern, besonders wenn sie
ein gewisses Alter erreicht hätten, diese Ehre zu erzeigen
schuldig wären." "Eine gute Gipsbüste ist jede Familie
schon schuldig, von ihrem Stifter oder einem bedeutenden
Mann in derselben zu haben. Selbst in Thon ist der
Aufwand nicht grofs, und sie hätte dann eine ewige
Dauer." Wenn nun in den gröfseren Orten, (wo die
Bildhauer wohnen, Gipsabgüsse von allen solchen Auf-
trägen zusammengestellt würden, so entstanden un-
schätzbare Sammlungen.
Nimmt man den Malern die Porträts, so sind sie
durch andere Aufgaben desto reichlicher zu entschädigen.
Man uttüfste sie jedoch nicht etwa mit verderblichen Alle-
gorieen oder mit trockenen historischen oder schwachen-
sentimentalen Gegenständen plagen, sondern solche Ge-
mälde von ihnen erwerben, die für die Kunst heilsam
und für die Künstler schicklich sind. "Niemand müfste
sich wundern, Venus und Adonis in einer Regierungs-
Sessionsstilbe oder irgend einen homerischen Gegen-
stand in einer Kammersession anzutreffen." „In gröfseren
Städten würden sich solche Gemälde an das übrige
Merkwürdige schliefsen, kleine Orte macht es bedeutend."
Wie oft könnte nicht ein wohlhabend Gewordener, der
aus einem kleinen Orte hervorgegangen, seine Anhänglich-
keit an die Heimatidurch Schenkung solcher Gemälde
beweisen! Die "Freude, dorthin aus der Ferne als ein
gebildeter Mann zu wirken", ist ja reichlicher Lohn.