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Goethes
Ästhetik.
zurück, und zur Vollständigkeit seiner Akademie gehörte
auch der Unterricht in Musik, Gesang, Schauspiel und
Tanzkunst." Das alles verfällt jetzt freilich, aber
„unter den Partikuliers hat sich viel Liebe zur Musik
erhalten, und es ist manche Familie, die sich im Stillen
mit Klavier und Gesang sehr gut unterhält. Alle
sprechen mit Entzücken von jenen brillanten Zeiten, in
denen sich ihr Geschmack zuerst gebildet . .
"Bildhauer und Maler schickte der Herzog, wenn sie
gewissermaßen vorbereitet waren, nach Paris und Rom.
Es haben sich vorzügliche Männer gebildet, die zum
Teil hier sind, zum Teil sich noch auswärts befinden.
Auch unter Liebhaber hat sich die Lust des Zeichnens,
Malens und Bossierens verbreitet; mehr oder weniger
bedeutende Sammlungen von Gemälden und Kupfer-
stichen sind entstanden, die ihren Besitzern eine an-
genehme Unterhaltung, eine geistreiche Kommunikation
mit andern Freunden gewähren . Das Kupferstechen
steht wirklich hier auf einem hohen Punkte . . Über-
sieht man nun mit einem Blicke alle diese erwähnten
Zweige der Kunst und andere, die sich noch weiter
verbreiten, s0' überzeugt man sich leicht, dafs nur bei
einer so langen Regierung durch eine eigene Richtung
eines Fürsten diese Ernte gepflanzt und ausgesäet werden
konnte. ja, man kann wohl sagen: dafs die spätem
und bessern Früchte jetzt erst zu reifen anfangen."
Als manches jahr später die Rede auf die einzelnen
deutschen Landschaften und ihr Verhalten zur Kunst
kamf) meinte Goethe, von Bayern sei viel weniger zu
1) Gespräch mit E. Förster,
51.
I3. November 1825.
Bicdermann V