Die
Dilettanten.
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Auch Eckermann erzählt uns, wie Goethe seine
Damen zurechtwies, weil sie einen Dilettanten gerade
wegen eines Fehlers lobtenÄ) Es handelte sich um ein
Porträt eines jungen Malers; die Damen rühmten,
dal's er "alles von selbst gelernt" hätte, Goethe be-
merkte an der unrichtigen Zeichnung aber auch,
dafs der Maler einen gehörigen Unterricht nicht ge-
sucht hatte.
„Man sieht," sagte er, „der junge Mann hat Talent;
allein dal's er alles von selbst gelernt hat, deswegen
soll man ihn nicht loben, sondern schelten. Ein Talent
wird nicht geboren, um sich selbst überlassen zu
bleiben, sondern sich zur Kunst und guten Meistern zu
wenden, die denn etwas aus ihm machen. Ich habe
dieser Tage einen Brief von Mozart gelesen, wo er
einem Baron, der ihm Kompositionen zugesendet hatte,
etwa Folgendes schreibt: ,Euch Dilettanten mufs man
schelten, denn es finden bei Euch gewöhnlich zwei
Dinge statt: entweder Ihr habt keine eigenen Gedanken,
und da nehmt Ihr fremde; oder wenn Ihr eigene Ge-
danken habt, so wifst Ihr nicht damit umzugeheni Ist
das nicht himmlisch? Und gilt dieses grofse Wort, was
Mozart von der Musik sagt, nicht von allen übrigen
Künsten?"
Ein andermal?) war bei Tisch von Walter Scotts
Roman ,Das schöne Mädchen von Perth' die Rede.
„Die Engländer", sagte die Schwiegertochter Ottilie,
"lieben besonders den Charakter des Henry Smith,
und Walter Scott scheint ihn auch zum Helden des
1) Eckcrmann,
I3. Oktober 828.
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13. Dezember 1826. 2) Eckermann,