Dilettanten.
Die
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Es gab Tage, wo Goethe sich nicht so sehr als
Verteidiger der wahren Kunst gegen die Über-
schwemmung des Pfuschertums fühlte wie damals zur
Xenien-Zeit, und dann sprach er ganz freundlich zu
Dilettanten und über Dilettanten. Ein solches Wort lautet:
„Einem jeden Wohlgesinnten Deutschen ist eine ge-
wisse Portion poetischer Gabe zu wünschen, als das
wahre Mittel, seinen Zustand, von welcher Art er auch
sei, mit Wert und Anmut einigermaßen zu uinkleidenfq)
Dazu pafst dann das Wort: „Die Deutschen haben so
eine Art Sonntagspoesie, eine Poesie, die ganz all-
tägliche Gestalten mit etwas besseren Worten bekleidet,
Wo denn auch die Kleider die Leute machen sollenfm)
Und soweit der Dilettantismus eine Jugendkrankheit
ist, entschuldigte er ihn mit dem Troste: "Die Zu-
dringlichkeit junger Dilettanten mufs man mit Wohl-
wollen ertragen; sie werden im Alter die wahrsten Ve1'-
ehrer der Kunst und des Meisters."3)
Zuweilen berührte Goethe auch das Verhalten des
weiblichen Geschlechts zum Dilettantismus. Wo Frauen
künstlerisch schaHten, erschienen sie ihm in der Regel,
die allerdings von einigen Ausnahmen durchbrochen
wurde, als Dilettantinnen, und zwar nannte er sie in
ihrer besonderen Unterart "Undulistinnen", weil das
Undeutliche, Verschwimmende bei ihnen häutig ist.
"Recht sonderbar ist es, was die Frauenzimmer durchaus
in der Kunst Undulistinnen sind," schreibt er an Meyerß)
dem dieser goethische Ausdruck als Gegensatz zu den
Maximen und Reflexionen.
vcmber 1811. Biedcrmann III, 33.
flexionen. 4) 10. Mai 1799, Weim.
2) Zu Ricmer, 21. N0-
3) Maximen und Re-
Ausg. IV, I4, 87.
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