Krilisieren.
Das
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Anderes wird auf Hoffnung hingeschrieben und ge-
druckt. Die Gegenwart stimmt selten zum Gegen-
wärtigen. Was neben einander existiert, scheint nur
zum Streite berufen zu sein. Für einen Autor ist es
darum eine tröstliche Aussicht, dafs alle Tage neue
künftige Leser geboren werden." n
Und gegen einen Anderenl) fäihrt er im Thema fort:
"Die Deutschen haben die eigne Art, dafs sie nichts
annehmen können, wie man's ihnen giebt; reicht man
ihnen den Stiel des Messers zu, so finden sie ihn nicht
scharf; bietet iman ihnen die Spitze, so schreien sie über
Verletzung. Sie haben so unendlich viel gelesen und
für neue Formen fehlt ihnen die Empfänglichkeit. Erst
wenn sie sich mit einer Sache befreunden, dann sind sie
einsichtig, gut und wahrhaft liebenswürdig."
,Xicmand
soll
herein
ICIIIICH
Auch mit den besten Gaben;
Sollerfs die Deutschen erkennen,
S0 wollen sie Zeit habenfß)
„Wie es die Welt jetzt treibt," klagt der altersmiide
Dichter gegen Zelter,3) „mufs man sich immerfort sagen
und wiederholen, dafs es tüchtige Menschen gegeben
hat und geben wird, und solchen mufs man ein schrift-
liches gutes Wort gönnen und auf dem Papier hinter-
lassen." Es ist einmal das Los des Künstlers, der seiner
Zeit voraus war, dztfs sein Werk erst dann nach Gebühr
aufgenommen wird, wenn sein Leib längst von der Erde
rverschwunden.
1) Brief an C.
Zahme Xenien.
W. Bode, Goethes
L. v. Woltmann, 5. Februar 1813.
3) Brief vom I. November 1829.
Ästhetik. 18