Das
Kritisieren.
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Riemerf) "da einmal ein alter Hut, und dort ein paar
Schuhe, und dort ein Lappen von einem Rock, den er
einmal getragen." Oder es kam ihm wieder der
Vergleich mit Tieren, die sich häuten oder mausern.
„Sic zerren an der Schlangcnhaut,
Die jüngst ich abgelegt.
Und ist die nächste reif genung,
Abstrcif' ich die sogleich
Und wandle neubelcbt und jung
Im frischen Götterreich."
"Es giebt überhaupt nichts Dümmeres," sagte Goethe
in seinen letzten jahrenß) "als einem Dichter zu sagen:
Dies hättest du müssen so machen, und dieses so!
Ich spreche als alter Kenner. Man wird aus einem
Dichter nie etwas Anderes machen. als was die Natur
in ihn gelegt hat. Wollt ihr ihn zwingen, ein Anderer
zu sein, so werdet ihr ihn vernichten."
Aber hat nicht Goethe selbst in jungen und alten
Tagen Rezensionen geschrieben? War er nicht einige
Male bei läritischen Zeitschriften als Mitherausgeber
beteiligt? Nun, einen grofsen Raum nehmen die Stellen,
wo er kritisiert, in seinen gesammelten Werken nicht
in Anspruch, seine Rezensionen waren zumeist Anzeigen,
Hinweise auf Vortreffliches, noch nicht genugsam Be-
kanntes, und wie er jedem Anfänger einen Meister
gönnte, so hatte er in alten Tagen zweifellos das Recht,
den nach ihm Kommenden aus seiner Erfahrung her-
1) Biedermann II, 209. 2) Zu Eckermann,
1830, als der ,Temps' den ,Gustav Waszü von
sprechen hatte.
14. Februar
Arnault bc-