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Goethes
Ästhetik.
italienischen Meisters, den Knaben Jesus clarstellend im
"Tempel unter den Schriftgelehrten. Daneben zeigte er
ihm einen Kupferstich, der nach dem ausgeführten
Bilde gemacht war, und man konnte viele Betrachtungen
anstellen, die alle zu gunsten der Handzeichnung hinaus-
liefen.
"Ich bin in dieser Zeit so glücklich gewesen," sagte
Goethe, "viele treffliche Handzeichntingen berühmter
Meister um ein Billiges zu kaufen. Solche Zeichnungen
sind unschätzbar, nicht allein weil sie die rein geistige
Intention des Künstlers geben, sondern auch weil sie
uns unmittelbar in die Stimmung versetzen, in welcher
der Künstler sich in dem Augenblick des. Schaffens
befand. Aus dieser Zeichnung des jesusknaben im
Tempel blickt aus allen Zügen grofse Klarheit und
heitere stille Entschiedenheit im Gemüte des Künstlers,
welche wohlthätige Stimmung in uns übergeht, sowie
wir das Bild betrachten."
Auch an den niederländischen Gemälden bewahr-
heitete sich nach Goethes Ansicht T ischbeins Bemerkung,
"dal's die Hüchtigsten Bilder oft die glücklichsten Ge-
dankenhaben. 1) Es schien ihm, dals die Gewissenhaftigkeit
der Künstler, dem Liebhaber und Kenner etwas voll-
kommen Würdiges überliefern zu wollen, den Aufdug
des Geistes einigermaßen beschränke, dahingegen eine
geistreich gefafste, flüchtig hingeworfene Skizze das.
eigenste Talent des Künstlers offenbare."
Den
Kopien
Kennern ist es ferner eigen, clafs sie von den
zu den Originalen steigen, wobei die Freude
Annalen
1806.